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SCHUTZGEBIET/537: GEO-Tag der Artenvielfalt im Nationalpark Bayerischer Wald (BUNDmagazin)


BUNDmagazin - 4/2008
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland - BUND
Friends of the Earth Germany

ZUR ZEIT
GEO-Tag der Artenvielfalt
Ein Herz für Rindenschröter

Von Jens Schlüter


»Warum brauchen wir überhaupt einen Nationalpark?« Das werden Naturschützer immer wieder gefragt - zur Zeit auch anlässlich des vom BUND geforderten Nationalparks Steigerwald in Franken. Deutschlands ältester Nationalpark im Bayerischen Wald hat diese Frage wieder einmal eindrucksvoll beantwortet.

Am 14. Juni fand zwischen Rachel, Lusen und Falkenstein der 10. GEO-Tag der Artenvielfalt statt. Rund 100 Experten für verschiedenste Tiere und Pflanzen hatte der BUND eingeladen, um im Nationalpark Bayerischer Wald auf Entdeckungsreise zu gehen. Was sie dort fanden, überzeugte nicht nur das mitgereiste Fachpublikum.

Höhepunkte für die Freunde der subtilen Jagden waren sicher der Hochmoorlaufkäfer (Carabus menetresii) und der Rindenschröter (Ceruchus chrysomelinus). Letzterer ist als Spezialist auf rotfaule, groß dimensionierte Stämme von Laub- und Nadelbäumen angewiesen - deren Vorkommen heute weitestgehend auf Nationalparke begrenzt ist. Denn erst nach Aufgabe der Nutzung entstehen artenreiche Lebensräume mit viel totem und morschem Holz.

Faszinierende Beobachtungen gelangen auch den Vogelkundlern: Habichtskauz, Weißrückenspecht oder Zwergschnäpper profitieren von der Dynamik, die sich nur dank des Prinzips »Natur Natur sein lassen« im Nationalpark entfalten kann. Dies bestätigt auch der Fund des Rosenduftenden Feuerschwamms (Phellinus pouzarii), der weltweit bisher nur achtmal nachgewiesen wurde. Die Pilzrarität wächst nur auf dickem, anbrüchigem Totholz der Tanne.

Wieder einmal hat sich gezeigt, wie wichtig Nationalparks für den Arten- und Naturschutz sind. Denn nur in großen Schutzgebieten kann sich ein Mosaik von stetig wechselnden, unterschiedlichen Lebensräumen bilden, das hohe Artenvielfalt garantiert und vielen bedrohten Arten eine neue Heimat gibt. Beispielhaft sei im Nationalpark Bayerischer Wald der Dreizehenspecht genannt, der einer der vielen Gewinner der Massenvermehrung von Borkenkäfern ist.

Doch nicht nur für Tiere und Pflanzen ist der Nationalpark ein Gewinn. Der wilde, neu entstehende Wald zeigt sich dem Wanderer jedes Mal von einer anderen Seite. Dank vieler Menschen, die unberührte Natur suchen, ist der Bayerische Wald - wie viele andere deutsche Nationalparks - zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren in der Region geworden. Allein wegen des Nationalparks reisen jedes Jahr rund 760 000 Besucher an - Grundlage für über 1000 Arbeitsplätze im Bayerischen Wald. Damit ist auch belegt, dass gerade konsequenter Naturschutz auch für die Wirtschaft ein Segen ist.

Noch umfassen die deutschen Wildnisgebiete weniger als ein Prozent der Landesfläche. Deshalb hat sich die Bundesregierung verpflichtet, bis 2020 immerhin fünf Prozent aller Wälder so zu schützen, dass sie sich frei von Eingriffen des Menschen natürlich entwickeln können. Dafür, so hat der BUND berechnet, müssten die Bundesländer allerdings mindestens zehn Prozent ihrer öffentlichen Wälder als solche Schutzgebiete ausweisen - worauf vorläufig nichts, aber auch gar nichts hindeutet ...

Doch nur ernsthafte Schutzkonzepte und verbindliche Programme werden auch künftig den Besuch vieler Wälder zum Erlebnis werden lassen.

Jens Schlüter ist Sprecher des Arbeitskreises Nationalpark Bayerischer Wald, jens.schlüter@bund-naturschutz.de


Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:
Keine Schönheit, doch unglaublich selten ist der Rosenduftende Feuerschwamm - hier der Autor am Fundort.


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Quelle:
BUNDmagazin 4/2008, S. 28
Herausgeber:
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Friends of the Earth Germany
Am Köllnischen Park 1, 10179 Berlin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. Februar 2009