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VERBAND/029: Bund Naturschutz zieht "Grüne Bilanz" für das Allgäu & stellt Brennpunkte für 2011 vor (BN)


Bund Naturschutz in Bayern e.V. - München, 23. Februar 2011 / Kategorie: Umweltpolitik

Verliert das Allgäu sein Gesicht?

Bund Naturschutz zieht "Grüne Bilanz" 2010 für das Allgäu und stellt Brennpunkte für 2011 vor


Der Bund Naturschutz konnte im internationalen Jahr der Biodiversität 2010 mehrere neue Naturschutzprojekte starten. Gleichzeitig ist das Allgäu über die letzten 10 Jahre betrachtet bayerischer Meister im Flächenverbrauch. "Ein sofortigen Umsteuern ist notwenig, um den Charakter und die Landschaft des Allgäus zu erhalten", so Richard Mergner, BN Landesbeauftragter. "Neue Bauvorhaben in sensiblem Bereichen und Erschließungspläne in unberührten Lagen des Alpengebietes müssen gestoppt werden, sonst droht die touristische Attraktivität zu sinken." Stattdessen sind dem Erhalt der bäuerlichen Landwirtschaft und Naturjuwele des Allgäus höchste Priorität zu geben.


Landschaft bewahren - Flächenverbrauch stoppen

Die landschaftliche Schönheit des Allgäus ist das zentrale Markenzeichen des Allgäus.

Einer der herausragenden Erfolge im Flächenschutz konnte 2010 im Allgäu erreicht werden. Das Ergebnis des Bürgerentscheides zur B308 Umgehung Immenstadt ist ein großer Gewinn für die Natur. Hier konnte nach 30 jährigem Engagement der BN-Ortsgruppe und der Schutzgemeinschaft die Landschaft rund um großen und kleinen Alpsee erhalten werden.

Doch trotzdem wurden in keiner Region Bayerns in den letzten 10 Jahren soviel Fläche neu bebaut und versiegelt wie im Allgäu? Die Planungsregion Allgäu (Landkreise Ober- und Ostallgäu, Lindau sowie Städte Kaufbeuren, Kempten) sind mit großem Vorsprung bayerischer Meister im Flächenverbrauch geworden. "Da viele Anstrengungen zum Landschaftsschutz des BN in der Vergangenheit im Allgäu nur wenig Wirkung zeigten, bleibt dem BN bei besonders kritische Projekten als letzte verbleibende Möglichkeit nur noch der gerichtliche Weg," erläutert Erich Jörg, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Lindau. Ein Klageverfahren zu einem Gewerbegebiet im Außenbereich in der Gemeinde Weißensberg im Landkreis Lindau ist bereits eingereicht, zwei weitere Klagen werden vorbereitet. Dabei geht es um die Bebauung eines Trenngrüns zwischen den Schwangauer Ortsteilen Horn und Alterschrofen und eine Gewerbehalle ohne Ortsanbindung in Unterreitnau im Landkreis Lindau.

Desweiteren wird auch im Allgäu immer mehr Grünland in Ackerland umgebrochen. Das Unterallgäu gehörte mit über 5% Umbruchfläche innerhalb von 3 Jahren zu den Landkreisen mit dem höchsten Umbruch in Bayern. Auch vor Schutzgebieten machte der Umbruch keinen halt. Selbst um Oberallgäu gab es in den letzten Jahren erste Grünlandumbrüche. Gerade in Flussauen gehen durch die Umwandlung von Grünland in Ackerland wertvolle Lebensräume verloren, zusätzlich werden klimaschädliche Gase freigesetzt.


Neue Erschließungswelle im Alpenraum

Gleichzeitig wird der BN verstärkt für den Erhalt von Ruhezonen im Alpenraum kämpfen. Viele der aktuellen Erschließungspläne haben das Ziel, die touristische Infrastruktur in bisher unberührte Hochlagen des Alpengebiets auszuweiten. Mit Sorge sieht der BN die Pläne für Skigebietszusammenschlüsse am Riedberger Horn und zwischen Oberjoch und Schattwald sowie die neuen Erschließungspläne in Nesselwang, wo eine Möblierung der Alpspitze mit Aussichtsplattform, Hängebrücke und Zippline droht. Das Gunzesrieder Tal ist auf dem Weg sein touristisches Alleinstellungsmerkmal als hochwertiges naturnahes Wander- und Erholungstal durch die Skigebietserschließungen für den Massentourismus zu verlieren. Der BN wird mit dem Naturerlebniszentrum Allgäuer Alpen, das im Alpseehaus in Immenstadt Anfang 2012 eröffnet wird, naturverträgliche Alternativen im Tourismus aufzeigen.


Bäuerliche Landwirtschaft erhalten

Nur eine bäuerliche Landwirtschaft kann die Landschaft des Allgäus in seinem bisherigen Charakter langfristig aufrechterhalten. Deshalb sind die diesjährigen Entscheidungen in Brüssel über die Zukunft der Landwirtschaftförderung eine zentrale Frage für das Allgäu. Der BN kämpft mit seinen Vertretern auf europäischer Ebene für eine massive Verlagerung der Fördergelder weg von industriellen Agrarfabriken und Massentierhaltung hin zu Betrieben einer bäuerlichen, ökologisch orientierten Landwirtschaft. Kern der Förderpolitik müssen künftig Agrarumwelt-, Naturschutz- und Tierschutzprogramme sein. Der Beitrag bäuerlicher Betriebe zum Erhalt der Kulturlandschaft und des ländlichen Raumes ist zu honorieren. Dabei ist die Arbeitsintensivität und Arbeitsplatzerhalt zu berücksichtigen. Für benachteiligte Gebiete (z.B. Bergregionen) und Flächen, die in Schutzgebieten liegen, muss nicht nur ein ökologisch qualifizierter Ausgleich gewährt werden, vielmehr ist die frühere Anreizkomponente wieder einzuführen.

Durch die seit vielen Jahren anhaltende Öffentlichkeitsarbeit der BN Kreis- und Ortsgruppen mit zahlreichen Veranstaltungen und Projekten sind inzwischen im Allgäu mehrere Gentechnikfrei-Bündnisse entstanden. Der Druck aus den Regionen hat nach jahrelanger Arbeit auch die bayerische Staatsregierung zu einem Gentechnik-Kritischen Kurs gezwungen.


Naturschutzprojekte im Jahr der Biodiversität

2010 war das internationale Jahr der Biodiversität. Die Kreisgruppen Unterallgäu und Ostallgäu engagieren sich seitdem mit zwei neuen großen Artenschutzprojekten zum Erhalt des bayerischen Löffelkrautes und der Bachmuschel, die von der Regierung von Schwaben unterstützt werden.

Die Kreisgruppen Oberallgäu und Ostallgäu führten 2010 ein Forschungsprojekt Naturschutz in Feuchtgebieten unter Berücksichtigung "unscheinbarer" Tiergruppen wie Nachtfalter, Zikaden und Schnecken durch. Und im Landkreis Lindau wurden Streuobst-Wanderwege eröffnet. Die vier Allgäuer BN-Kreisgruppen führen auf 175 Grundstücken mit einer Fläche von ca. 180 ha praktische Naturschutzarbeit durch. Davon sind 73 ha im Besitz des BN und damit dauerhaft für den Naturschutz gesichert. Neue Flächenankäufe sind für 2011 u.a. im Hertinger Moos bei Nesselwang geplant.


Geplanter Ausbau des Allgäu Airports bedroht Klimaschutzziele

Mit großer Sorge sieht der BN den geplanten Ausbau des Allgäu-Airports in Memmingen. Geplant sind eine Ausweitung der Betriebszeiten in der Nacht bis 23.30 Uhr, sowie ein Ausbau der Infrastruktur mit verbreiterten Rollbahnen einer neuen Halle und einiges mehr. "Mit diesen Maßnahmen wird nicht nur die Gesundheit der Anwohner in den Einflugschneisen durch Fluglärm bis tief in die Nacht aufs Spiel gesetzt, auch baut der Flughafen seine Position an Klimakiller Nr.1 in Schwaben weiter aus", erläutert Reiner Krieg, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Memmingen-Unterallgäu. "Allein durch den Flughafen Memmingen wird das komplette Klimabudget der Einwohner Memmingens nach den Zielen der Bundesregierung mehr als dreifach verbraucht." Der BN wird zusammen mit der Bürgerinitiative "Bürger gegen Fluglärm" alle verfügbaren Mittel ausschöpfen, um Anwohner und Klima zu schützen und den Ausbau zu verhindern. Der Flughafen wird inzwischen größtenteils von der Billigfluggesellschaft Ryanair zum Abflug in Urlaubsziele genutzt.


Immer mehr Zuspruch für den Bund Naturschutz

Die Arbeit des Bundes Naturschutz wird von immer mehr Bürgern honoriert. In den vier Allgäuer Landkreisen wuchs die Mitgliederzahl im Jahr 2010 von 9498 auf 9704 Personen. Ca. 30.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit leisten BN-Aktive im Allgäu jedes Jahr.

Autor: Thomas Frey


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Quelle:
Presseinformation PM 05/10/FA, 16.03.2011
Herausgeber:
Bund Naturschutz in Bayern e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. März 2011