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WALD/677: Wie geht es dem deutschen Wald (Unser Wald)


Unser Wald - 3. Ausgabe, Mai/Juni 2013
Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Wie geht es dem deutschen Wald?

von Jens Stengert



Seit 1984 wird in Deutschland jährlich der Waldzustand anhand der Kronenausbildung der Laub- und Nadelbäume aufgenommen und im so genannten Waldzustandsbericht (früher Waldschadensbericht) vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz veröffentlicht.


Nach den Schreckensmeldungen der 1980er Jahre zum Waldsterben (Stichwort "Saurer Regen") mit der Prognose, dass der deutsche Wald großflächig absterben wird, ist es seit Jahren relativ ruhig um den Gesundheitszustand des Waldes geworden. Nur noch die Fachpresse scheint sich jedes Jahr für die Zahlen zum Kronenzustand der Bäume zu interessieren.

Doch wie geht es nun dem Wald in Deutschland? Im Jahr 2012 waren 25 % der Bäume stark geschädigt. Der Zustand hat sich gegenüber dem Vorjahr um 3 %-Punkte verbessert. Aber sagt das etwas über den langfristigen Zustand des Waldes aus?

1984 lagen die deutlichen Schäden bei 23 %. In den Jahren bis 2012 schwankten die Zahlen von 18 % im Jahr 1988 bis 31 % im Jahr 2004. Der bisherige Höchststand der Schädigungen lag an dem sehr heißen und trockenen Sommer 2003, der sich negativ auf die Nadel- und Laubentwicklung der Bäume ausgewirkt hatte. Die 25 % deutliche Schäden, also die Schadstufen 2 bis 4, die 2012 gemessen wurden liegen daher im Durchschnitt der letzten fast 30 Jahre der Waldzustandserhebung. Die Schwankungen der letzten Jahre um wenige Prozentpunkte nach oben oder unten hängen hauptsächlich vom Zustand der Buchen und Eichen ab. Die Buche neigt seit einigen Jahren dazu, etwa alle zwei bis drei Jahre sehr viele Früchte auszubilden, die so genannte Fruktifikation. In einem solchen Jahr steckt der Baum weniger Kraft in die Ausbildung der Blätter, weshalb die Beurteilung des Kronenzustands schlechter ausfällt. Bei der Eiche kommt es immer wieder zu massiven Fraßschäden durch Schadinsekten wie z.B. den Eichenprozessionsspinner. Auch das wirkt sich natürlich auf die Beurteilung des Kronenzustands aus.

Wenn diese natürlichen Ursachen bei Eichen und Buchen für die starken Schädigungen verantwortlich sind, stellt sich beim Laien die Frage, ob es dann das klassische Waldsterben durch Luftschadstoffe überhaupt noch gibt. Ist der Regen noch so sauer wie früher oder haben technische Maßnahmen wie bleifreies Benzin und Katalysatoren in Autos nun doch dem Wald geholfen?

Die Luftschadstoffe wie Schwefeldioxid oder Stickstoffoxide haben über Jahre hinweg auch im Wald zur Bodenversauerung beigetragen. Diese Versauerungen haben den Wald geschädigt und schädigen ihn auch heute noch, auch wenn die Belastung mit Schwefeldioxid stark zurückgegangen ist. Der Boden kann sich nicht so kurzfristig regenerieren. Außerdem haben die Belastungen mit Stickstoffverbindungen z.B. durch den Anstieg der Verkehrsbelastung noch zugenommen. Die Bäume sind also wegen der Luftschadstoffe weiter unter Stress.

Neue Belastungen für die Bäume sind noch hinzugekommen. Und als Stressfaktor Nummer eins ist der Klimawandel zu nennen. Höhere Temperaturen und geringere Niederschläge v.a. in der Vegetationszeit sorgen für Wasserstress bei den Bäumen. Außerdem sind die Lebensbedingungen für Schadinsekten und Pilze besser geworden. Diese vermeintlichen natürlichen Ursachen für den schlechten Zustand der Wälder sind also auch mehr oder weniger vom Menschen verursacht.

Ähnliches gilt für die Fruktifikation der Buchen. Auch hier wird vermutet, dass der Klimawandel dafür sorgt, dass sich die Abstände zwischen den Jahren mit starker Fruchtausbildung verringern.

Wir haben in Deutschland in den letzten Jahrzehnten viel für unseren Wald getan. Die Waldsterbensdebatte hat uns aufgeschreckt. Und das war gut so. Wenn wir uns durch technische Verbesserungen oder auch die Waldkalkung nicht für den Wald eingesetzt hätten, wäre der Zustand es Waldes heute wohl sehr viel schlechter. Den Faktor Klimawandel müssen wir aber ebenso ernst nehmen und dürfen uns nun nicht zurücklehnen. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass die Auswirkungen des Klimawandels so gering wie irgend möglich bleiben, damit der Stress für unsere Bäume in naher Zukunft nicht noch größer wird.


Autor Jens Stengert ist Redaktionsmitglied von Unser Wald;
E-Mail: unser-wald@sdw.de

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Quelle:
Unser Wald - Zeitschrift der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald
3. Ausgabe, Mai/Juni 2013, S. 25
Herausgeber:
Bundesverband der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V., Bonn
Redaktion: Meckenheimer Allee 79, 53115 Bonn
Telefon: 0228 / 945 98 30, Fax: 0228 / 945 98 33
E-Mail: unser-wald@sdw.de
Internet: http://www.sdw.de
 
Erscheinungsweise: zweimonatlich
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einschl. Versandkosten und 7% MwSt.
Einzelheft: Preis 3,- Euro


veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2013