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LAIRE/046: Autofreie Sonntage - Vorbereitung auf den Mangel (SB)


Deutsche laut Emnid-Umfrage mehrheitlich für autofreie Sonntage


In einer Emnid-Umfrage für den Sender N24 haben sich 65 Prozent von 1000 Befragten für die Einrichtung von autofreien Sonntagen ausgesprochen. Ob es sich bei den Befürwortern dieser drastischen Freizeit- und Mobilitätseinschränkung um Hartz-IV-Empfänger handelt, die sich ohnehin kein eigenes Auto leisten können und ganz andere Sorgen haben, oder um Rentner, die ohnehin lieber mit der Bahn fahren, oder um eine andere gesellschaftliche Gruppe, die nichts aufs Auto angewiesen ist, geht aus der Befragung nicht hervor. Die Zahl ist jedoch so hoch, daß man davon ausgehen muß, daß sich auch potentielle Autofahrer freiwillig der Einschränkung unterwerfen, "um etwas zu tun" gegen den Klimawandel. Ob das mehr als symbolischen Wert hat, ist zu bezweifeln.

Es spricht selbstverständlich nichts dagegen, wenn sich irgend jemand aufgerufen fühlt, sein Auto stehen zu lassen. Sobald dies aber Zwangscharakter annimmt, und das wird bereits, sobald es als Kampagne ausgerufen wird, ist der Vorschlag abzulehnen. Es bedarf nicht einmal eines behördlich zwangsverordneten Fahrverbots wie bei der sogenannten Ölkrise in den siebziger Jahren, um Klimaschutz zu einer ökoideologischen Fußfessel zu machen. Sozialer Druck kann manchmal den gleichen Effekt haben.

In der hiesigen Hochleistungsgesellschaft ist Mobilität alles. Für viele Menschen gibt es keine Alternative zum Auto, ob sie damit zur Arbeit fahren oder das Auto für Freizeitaktivitäten einsetzen. Bahn und Bus sind in der Regel kein Ersatz, vor allem nicht für Personen, die auf dem Land oder in kleineren Städten leben. Die Zahl der Verbindungen des öffentlichen Verkehrssystems ist zu gering, und die Taktraten haben zu große Abständen. Außerdem sind Bahn und Bus so teuer, daß der Unterhalt eines Autos womöglich billiger kommt.

Das Ergebnis der Umfrage täuscht. Es fällt natürlich leicht, für autofreie Sonntage zu plädieren, wenn man noch nicht davon betroffen ist. Sollte sich jedoch aus dem Fahrverbot eine Regelmäßigkeit ergeben, so daß die Leute die Einschränkung erstmals am eigenen Leibe zu spüren bekommen, würden sich wahrscheinlich sehr viel mehr Personen dagegen aussprechen.

Im übrigen würde ein staatlich verordnetes Fahrverbot an Sonntagen auf etwas ganz anderes abzielen, als der Bevölkerung glauben gemacht wird. Die Menschen werden auf diese Weise an den kommenden Mangel zu gewöhnt. Die Zahl der Menschen auf der Erde steht in einem diametralen Verhältnis zur Verfügbarkeit fossiler Energieträger. Der Staatsapparat erprobt deshalb unverfängliche Mechanismen, wie die Menschen zur freiwilligen Einschränkung ihrer Ansprüche bewegt werden können, ohne daß sie die gesellschaftliche Ordnung an sich in Frage stellen. Denn deren Sachwalter wurden ja von der gesellschaftlichen Produktion ausgenommen, damit sie administrieren, so daß kein Mangel entsteht. Das war zumindest einmal die ursprüngliche Begründung für die gesellschaftliche Entwicklung. Andernfalls müßte ein gänzliches neues Modell an Lebensformen entworfen werden, das beispielsweise ohne den vielfach gestaffelten bürokratischen Überbau (Kommunalverwaltung, Landes- und Bundesregierung, Europäische Union, globale Institutionen wie die Welthandelsgesellschaft oder die UNO) auskommt. Autofreie Sonntage wären keine Maßnahme zum Schutz des Klimas, sondern der Ordnung und ihrer Profiteure.

1. März 2007