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STANDPUNKT/1038: Zwischenlagerung - Gelingens-Bedingungen (Gorleben Rundschau)


Gorleben Rundschau - IX-X/2018, 40. Jahrgang, Ausgabe 1068
Wir sind die Wenden: Energie · Klima · Mobilität · Gesellschaft

Zwischenlagerung - Gelingens-Bedingungen
Anti-Atom-Initiativen fordern in Bezug auf Zwischenlagerung Dialog auf Augenhöhe


Beteiligung
Damit eine gesellschaftliche Verständigung über die offenen Fragen der Zwischenlagerung von hochradioaktivem Atommüll erfolgreich sein kann, haben Anti-Atom-Initiativen an den Zwischenlager-Standorten so genannte "Gelingens-Bedingungen" aufgestellt. Damit fordern sie das Bundesamt für kerntechnische Entsorgungssicherheit (BfE) auf, mit den Betroffenen unter diesen Vorzeichen einen tatsächlichen Dialog zu organisieren.

"Zwischen 2034 und 2047 laufen die Genehmigungen der derzeitigen Castor-Lager aus", gibt Jochen Stay von .ausgestrahlt zu bedenken. "Doch bis dahin wird es noch lange kein geologisches Tiefenlager geben. Es braucht also Konzepte für den Umgang mit den strahlenden Abfällen, mindestens bis zum Ende des Jahrhunderts. Diese langfristige Zwischenlagerung von hochradioaktivem Atommüll ist bisher völlig ungeklärt."

Statt Vortragsveranstaltungen mit kurzen Diskussionsblöcken, wie sie das Atommüll-Bundesamt plane, wird in den "Gelingens-Bedingungen" ein gesellschaftlicher Dialog auf Augenhöhe mit Mitentscheidungsbefugnissen der Betroffenen, der deutlich über eine Konsultation hinausgeht, gefordert. "Konsensorientiert und mit dem Ziel, zu einvernehmlichen Lösungen zu gelangen."

So brauche es an jedem Zwischenlager-Standort einen eigenständigen Dialogprozess unter Beteiligung von Betreiber, Behörden, Kommunalpolitik, Umweltverbänden und Bürgerinitiativen sowie interessierten Anwohner/-innen. Zusätzlich sei ein zentraler Dialogprozess mit Beteiligung der Betreiber, der Behörden, des Gesetzgebers, von Umweltverbänden und von Vertreter/-innen jedes Standorts erforderlich. "Die bestehenden Genehmigungen für die Castor-Lager einfach zu verlängern, wie es die Bundesregierung offenbar anstrebt, kann keine Lösung sein", so Stay.

Auch den Rahmen der Beteiligung stecken die Anti-Atom-Initiativen ab. Es brauche für einen Verständigungsprozess tatsächliche Mitbestimmung im Sinne von klar definierten Mitentscheidungsbefugnissen der Betroffenen. Bei den Dialogprozessen an den Standorten sei entscheidend, dass alle, die mitreden wollen, auch teilnehmen dürfen. Jochen Stay: "Es braucht gänzlich neue Konzepte für eine langfristige Zwischenlagerung, die auch von den Betroffenen an den Standorten mitgetragen werden können."

Beim zentralen Dialogprozess müssten die Vertreter/-innen der Standorte von den Dialoggruppen vor Ort selbst benannt werden. Darunter müssten jeweils mindestens ein/-e Vertreter/-in aus der Kommunalpolitik und ein/-e Vertreter/-in aus einer Bürgerinitiative sein.

Es braucht einen zentralen und viele dezentrale Dialogprozesse

Wichtig sei zudem eine unabhängige Moderation der zentralen und dezentralen Dialogprozesse, die von allen am Tisch als integer akzeptiert wird, sowie Mittel für wissenschaftliche Expertise. Wichtig für das Gelingen des Prozesses sei auch die Auseinandersetzung mit den entscheidenden Fragestellungen. Wenn nämlich die Zwischenlagerung - wie absehbar - einige Jahrzehnte länger notwendig sein wird als bisher angenommen, stelle sich die Frage, ob die Lagerung in Castor-Behältern in offenen Hallen oder in offenen Steinbruch-Röhren wie in Neckarwestheim die geeignete Form ist.

Auch an welchen Orten die Zwischenlagerung künftig erfolgen soll, müsse kritisch beleuchtet werden. Es stelle sich zum Beispiel die Frage, welche Lagerstätten nicht nachzurüsten sind. Dabei sei eine besondere Betrachtung der hochradioaktiven Abfälle nötig, an deren derzeitigen Lagerorten es kein genehmigtes Zwischenlager gibt - also Brunsbüttel, Jülich, Garching, Berlin und Mainz. Geklärt werden müsse auch, wie der sicherste Umgang mit den Deutschland zugeordneten hochradioaktiven Abfällen aus La Hague und Sellafield aussehen könnte. Falls eine weitere Lagerung in Castor-Behältern sich als beste Alternative erweisen sollte, stelle sich die Frage, wie deren Sicherheit gewährleistet werden kann und Probleme gegebenenfalls behoben werden können.

Wichtig sei außerdem, wie ein vertrauensbildender Umgang damit aussehen kann, dass über manche Aspekte der Sicherung - beispielsweise gegen Flugzeugabstürze und Terrorangriffe - nicht öffentlich gesprochen werden kann.

Anlass für die Präsentation der "Gelingens-Bedingungen" war das vom Bundesamt Ende Juni veranstaltete "Forum Zwischenlagerung" in Berlin, das von der Behörde als Teil eines "Zwischenlager-Dialogs" angekündigt wurde. Dazu hatte das Atommüll-Bundesamt mit nur elf Tagen Vorlauf Vertreter/-innen der Betroffenen eingeladen. Weil viele ehrenamtlich Aktive aus den Initiativen nicht so kurzfristig werktags nach Berlin kommen konnten, fand vor der Tür der Veranstaltung eine Aktion mit "Stellvertreterfiguren" statt. Die lebensgroßen Pappfiguren waren mit Fotos und Zitaten von Betroffenen versehen, in denen erklärt wurde, warum diese nicht dabei sein konnten oder wollten. (gr)

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Quelle:
Gorleben Rundschau - September/Oktober 2018, Seite 13
Lizenz: CC BY NC SA
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. September 2018

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