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ATOM/398: Buschbrand erreicht Los Alamos - US-Behörde führt Radioaktivitätsmessungen durch (SB)


Mögliche Ausbreitung radioaktiver Substanzen Jahrzehnte nach dem Fallout

Gewaltige Zusatzaufwände bei Sicherung von und Schutz vor radioaktiven Substanzen


Ein Buschbrand hat das Gelände des Atomforschungslabors Los Alamos (LANL) in New Mexico erreicht. Dort lagern unter anderem 30.000 Fässer mit jeweils über 200 Litern radioaktiven, teils plutoniumhaltigen Mülls. Eine Sprecherin des Labors bemühte sich, Sorgen über eine eventuelle Kontamination zu zerstreuen, und versicherte, die Fässer seien so konzipiert, daß sie einen stärkeren Buschbrand überstehen können, berichtete Spiegel online [1].

Wie glaubwürdig sind solche Aussagen vor dem Hintergrund, daß die japanische Regierung und die Akw-Betreiber vor dem dreifachen Super-GAU im Atomkraftwerke Fukushima Daiichi ebenfalls behaupteten, die Atommeiler seien sicher? Und welchen Grund hätte dann die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA, die Luft rund um das LANL-Gelände mit Spezialgeräten und Flugzeugen hinsichtlich möglicher radioaktiver Belastungen zu überwachen, wenn nicht doch ein Restrisiko bestände?

Am Montag wurde das Atomforschungslabor evakuiert, nur die Feuerwehr schützt das Gelände vor Übergriffen durch das Feuer. Aus der Umgebung des 250 Quadratkilometer großen Buschbrands wurden bereits mehrere tausend Einwohner evakuiert. Es dürfte wohl unstrittig sein, daß das LANL Schutzmaßnahmen ergriffen hat, nachdem das Gelände vor elf Jahren schon einmal von einer Feuersbrunst heimgesucht wurde. Aber ob diese Maßnahmen ausreichen? Schließlich besteht nicht nur die Gefahr, daß die Atommüllfässer platzen und ihren hochgefährlichen Inhalt freigeben, sondern auch, daß das Feuer über radioaktiv kontaminiertes Erdreich aus den oberirdischen Atombombentests hinwegzieht und dadurch Strahlenpartikel aufgewirbelt werden.

Die gleiche Gefahr gilt auch für die radioaktiv kontaminierten Gebiete in Rußland, Weißrußland und der Ukraine, da sie einer erheblichen Waldbrandgefahr ausgesetzt sind [2]. In der radioaktiv kontaminierten Region rund um das Akw Fukushima Daiichi in Japan ist zwar mit keinen Waldbränden, dafür aber mit einem Aufwirbeln des radioaktiven Fallouts durch Wind zu rechnen. Wenn zum Beispiel verstrahltes Meerwasser an den Strand gespült wird und dort bei Ebbe abtrocknet, können die Partikel durch Winderosion übers Land verbreitet werden - zusätzlich zum Fallout, der weiterhin unmittelbar vom havarierten Akw ausgeht.

Neben den akuten Umwelt- und Gesundheitsrisiken durch radioaktive Partikel, die beispielsweise bei Waldbränden in den USA oder Verdunstungs- und Erosionsvorgängen in Japan freigesetzt werden, muß beim Abwägen des Für und Wider der Atomkraft bedacht werden, daß sämtliche Präventiv- und Aufräumarbeiten, die spezifisch mit Radioaktivität zu tun haben, zusätzliche Kosten und Treibhausgasemissionen verursachen, die bei anderen Energieformen nicht anfallen. Befürworter der Atomenergie vernachlässigen gern solche Zusatzaufwände, die keineswegs nebensächlich sind, wie die Fukushima-Katastrophe in Japan, die Rückholaktion der Atomfässer aus der Asse in Deutschland, die Versiegelung des Akw Tschernobyl oder die Einstellung der milliardenschweren Erschließungsarbeiten für ein atomares Endlager in den Yucca Mountains im US-Bundesstaat Nevada beweisen.

Selbst wenn die EPA keine gesundheitsgefährdenden Strahlenwerte in New Mexico messen sollte, zeigt dieses Beispiel, daß nicht einmal die Strahlengefahr aufgrund der Jahrzehnte zurückliegenden Atomwaffenversuche aus der Welt ist - von aktuellen Gefahren durch überschwemmte oder von Waldbränden bedrohte Nuklearanlagen ganz zu schweigen.

Fußnoten:

[1] "Buschbrand in New Mexico. Flammen erreichen Gelände von US-Atomlabor", 29. Juni 2011
http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518,771370,00.html

[2] "Forest fires around Chernobyl could release radiation, scientists warn", The Guardian, 26. April 2011
http://www.guardian.co.uk/environment/2011/apr/26/chernobyl-radioactive-fires-global-danger

29. Juni 2011