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ATOM/401: Nahrungsvernichtung - "Kollateralschaden" des Fukushima-GAU (SB)


Strahlenfolgen des Fukushima-GAU keineswegs abgeschlossen

Anzahl der verschiedenen Lebensmittel, die verstrahlt wurden, wächst


Angesichts der gewaltigen Mengen an fleischlicher und pflanzlicher Nahrung, die in der industriellen Landwirtschaft beim Ausbruch von Tierseuchen, der Kontamination mit Dioxin oder der Verbreitung von Fusarien vernichtet werden, erscheint die nach dem GAU im japanischen Atomkraftwerk Fukushima Daiichi vernichtete Nahrungsmenge gering. Dennoch ist sie ein relevanter Faktor, allein schon deshalb, weil nicht alle Menschen genügend Nahrung zur Verfügung haben. Die Vernichtung von Lebensmitteln ist einer der vielen Folgeschäden des GAU von Fukushima.

Am Dienstag teilte das japanische Landwirtschaftsministerium mit, daß das mit Cäsium verseuchte Rindfleisch verbrannt werden soll. Davon sind an die 3000 Stück Vieh betroffen. Sie hatten radioaktiv kontaminiertes Stroh gefressen, das nach dem GAU gemäht worden war. Die Kosten der Fleischvernichtung in Höhe von umgerechnet 18 Millionen Euro soll nach Ansicht des japanischen Landwirtschaftsministeriums die Akw-Betreibergesellschaft TEPCO zahlen. Auf diese Weise hofft die Regierung, das Vertrauen der Verbraucher in das Fleisch wiederzugewinnen. [1]

Bekannt wurde die Verstrahlung des Fleischs Anfang Juli. Es stammte von einem Bauernhof aus der Stadt Minamisomi, die außerhalb der Verbotszone rund um das havarierte Akw Fukushima Daiichi liegt. Nach den ersten Funden wurde auch aus anderen Landesteilen kontaminiertes Fleisch entdeckt, was zwei Schlußfolgerungen nahelegt: Erstens werden japanische Lebensmittel nicht ausreichend auf Belastungen mit radioaktiven Substanzen getestet, zweitens beschränkt sich die Verseuchung mit Strahlenpartikeln nicht auf wenige ausgewiesene Bereiche des Landes; beziehungsweise das Ausmaß der verstrahlten Flächen wird mit jeder neuen Grenzwertüberschreitung vergrößert. So stellt sich nach dem jüngsten Vorfall dieser Art die Frage, wieviel verstrahltes Fleisch verzehrt wurde und welche Folgen das womöglich auf die betroffene Bevölkerung hat.

Fleisch aus Fukushima darf nicht mehr in den Handel gelangen. Gleiche Maßnahmen wurden bereits für einige Gemüsesorten, Milch, Meeresfrüchte sowie grünen Tee aus dem landesweit größten Anbaugebiet Shizuoka, 350 Kilometer südlich von Fukushima und damit auch südlich von Tokio, beschlossen.

Lebensmittel, deren radioaktive Belastung oberhalb der Grenzwerte liegt, werden aus dem Verkehr gezogen. Bleiben sie dagegen unterhalb der Schwelle, werden sie für den Verzehr freigegeben, auch wenn sie durchaus relevant verstrahlt sind. Das ist im höchsten Maße brisant, denn die Radioaktivität an sich wird nicht durch Verdauung abgebaut. Die Halbwertszeit von Radionukleotiden ist eine physikalische und nicht eine biologische Größe, das bedeutet beispielsweise für Cäsium, daß es erst nach über dreißig Jahren zur Hälfte zerfallen ist.

Wenig Beachtung in der Öffentlichkeit findet bislang die Gefahr einer Akkumulation der Verstrahlung. So kann es geschehen, daß jemand Rindfleisch und Gemüse ißt, anschließend noch eine Schale grünen Tee trinkt, und mit jedem Produkt für sich genommen unterhalb der Grenzwerte bleibt. Zusammengerechnet ergibt sich jedoch womöglich eine stärkere Belastung. Die könnte immer nur individuell festgestellt werden, was sehr aufwendig ist, weswegen behördlicherseits solche Messungen nicht durchgeführt werden.

Gesundheitliche Strahlenschäden sind womöglich erst in vielen Jahren feststellbar, und dann bestenfalls nur statistisch, da beispielsweise eine Krebserkrankung abgesehen von der radioaktiven Verseuchung auch auf andere Faktoren zurückgeführt werden könnte. Das Ausmaß der Verstrahlung durch den GAU im Akw Fukushima Daiichi wird nach wie vor verschleiert.

Fußnoten:

[1] "Japan to burn radiation-tainted beef", AFP, 26. Juli 2011
http://www.seeddaily.com/reports/Japan_to_burn_radiation-tainted_beef_999.html

28. Juli 2011