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KLIMA/262: Regierung auf Kosten der Steuerzahler "klimaneutral" (SB)


Mit fremden Federn schmücken

Wie sich die Regierung an die Spitze der Klimaschutzbewegung zu stellen versucht


Wenn es nicht ein so ernstes Thema wäre, könnte man sich totlachen. Das Bundesumweltministerium teilte diese Woche folgendes mit:

Das Kabinett hat heute auf Vorschlag von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel beschlossen, ab 2007 die CO2-Emissionen aller dienstlichen Reisen der Bundesregierung auszugleichen und damit klimaneutral zu stellen. Gabriel: "Mit diesem Schritt geht die Bundesregierung mit gutem Beispiel voran und setzt angesichts der alarmierenden Erkenntnisse über den Klimawandel ein deutliches Zeichen für mehr Klimaschutz. Die Selbstverpflichtung zeigt, dass die Bundesregierung den Klimaschutz auch in ihrem eigenen Geschäftsbetrieb ernst nimmt (...)"
(Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Berlin, 28.2.2007. Veröffentlicht im SCHATTENBLICK unter UMWELT\KLIMA, POLITIK/390)

Abgesehen davon, daß der Begriff "klimaneutral" in etwa soviel Substanz hat wie des Kaisers neue Kleider, muß man sich als Bürger dieser Republik fragen, warum es überhaupt einen Klimawandel gibt, wenn doch die Antwort darauf so einfach ist: Vorangehen, Zeichen setzen, sich selbst verpflichten ... Gabriel, geh du voran, wir folgen dir! möchte man frohlocken. Denn erklärt der Umweltminister nicht mit seinen Worten, daß es einen Weg gibt, den jeder beschreiten könne, wenn er nur wolle? Welche andere Funktion sollte ein Vorbild sonst haben?

Also wird der Autor dieser Zeilen all seine Dienstflüge und -fahrten künftig auf die gleiche Weise klimaneutral gestalten wie die Bundesregierung, indem er die Menge an CO2-Emissionen, die bei seinen Unternehmungen verursacht werden, durch Investitionen in zusätzliche Klimaschutzprojekte ausgleicht. Und zwar auf eben jene Weise, wie die Bundesregierung sie in ihrer Mitteilung angekündigt hat:

Die Projekte sollen in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz realisiert werden und den anspruchsvollen Qualitätskriterien des Kyoto-Protokolls entsprechen. Beispiele dafür sind etwa Solarprojekte in Indien oder Wärmedämmmaßnahmen in Südafrika. Die auf diese Weise generierten Emissionsgutschriften werden abschließend von der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt), die beim Umweltbundesamt angesiedelt ist, gelöscht und damit dem Emissionshandelsmarkt entzogen.

Jene Gutschriften kosten natürlich einiges, aber wenn es um den Klimaschutz geht, sollte man sich nicht lumpen lassen. Wenn Gabriel und Co etwas tun können, dann jeder andere auch. Also wird der Autor demnächst der Bundesregierung mitteilen, um welche Summe es sich handelt, damit sie die Mittel zu ihren eigenen dazurechnen kann, "die durch Einsparungen aufgebracht" und in den Haushalt 2008 "eingestellt" werden sollen. So macht Klimaschutz Spaß!

Der Witz an dieser Sache ist klar: Die vermeintliche Klimaneutralität der Regierungsmitglieder bezahlen diese nicht selbst, sondern dafür kommt der Steuerzahler auf. Das heißt, die Politiker werden auch weiterhin um die Welt jetten, ohne daß sich das in ihrem Geldbeutel bemerkbar machte (was es, wie man weiß, bei deren erquicklichen Neben- und Haupteinkünften ohne nicht täte). Wohingegen Otto Normalverbraucher jede ihm auferlegte Klimaschutzmaßnahme - beispielsweise die Ökosteuer - empfindlich zu spüren bekommt.

Kurzum, man wird nicht nur für die eigenen klimaschädlichen Aktivitäten zur Kasse gebeten, sondern auch noch für die der Regierungsmannschaft. Und die brüstet sich dann mit ihrer Klimaneutralität.

2. März 2007