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KLIMA/385: US-Forscher erwarten Temperaturschub (SB)


Mit dem nächsten Sonnenzyklus und einem stärkeren El-Niño-Phänomen könnte sich die Erde in den nächsten Jahren wieder stärker erwärmen


Der Streit unter den Klimaforschern über die Bedeutung des menschlichen Einflusses auf die Erderwärmung hält unvermindert an. Einige Wissenschaftler behaupten, daß der Haupterwärmungsfaktor nicht in anthropogenen Treibhausgasemissionen wie zum Beispiel Kohlendioxid zu suchen ist, sondern in der Aktivität der Sonne oder astronomischen Faktoren. Demgegenüber verweist die deutliche Mehrheit der Forscher unter anderem auf den auffällig parallelen Verlauf der steigenden Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre und der Erderwärmung seit Beginn des industriellen Zeitalters. Der Weltklimarat (IPCC) schätzt den Einfluß einer veränderten Sonnenaktivität auf den Klimawandel als klein ein. Eine einheitliche prozentuale Abschätzung des Einflusses der Sonne auf den Klimawandel ist nicht möglich, die wissenschaftlichen Bewertungen weisen eine Bandbreite von vielleicht 4 bis 70 Prozent auf, wobei eine moderate Einschätzung zwischen 20 und 30 Prozent anzusiedeln wäre.

Das ist wenig verglichen mit dem menschlichen Einfluß, aber immerhin noch so viel, daß der Wert nicht ganz und gar vernachlässigt werden sollte. Wenn also in den nächsten Jahren die Zahl der Sonnenflecken zunimmt und die Sonnenprotuberanzen einem neuen Maximum zustreben, könnte das den permanenten Anstieg der Erderwärmung aufgrund zunehmender anthropogener Verbrennungsvorgänge - insbesondere im Zusammenhang mit der Kohleverstromung und der Nutzung fossiler Energieträger im Fahrzeugverkehr- noch beschleunigen. Die Temperaturen könnten um 150 Prozent über der Einschätzung des Weltklimarats liegen, vermuten Judith Lean vom US Naval Research Laboratory und David Rind vom Nasa's Goddard Institute for Space Studies in einer neuen Studie, die in der kommenden Ausgabe der "Geophysical Research Letters" veröffentlicht werden soll, wie der "Guardian" berichtete. [1]

Falls die Analyse und Schlußfolgerung der Forschergruppe zutrifft, dann wird die Welt in den nächsten fünf Jahren einen regelrechten Temperatursprung erleben. Denn in jüngster Zeit haben wieder erste Sonnenfleckenaktivitäten eingesetzt, der Trend weist somit auf ein neues Maximum.

In der Studie wurden vier Hauptfaktoren des Klimawandels berücksichtigt: Menschlicher Einfluß wie CO2- und Aerosol-Emissionen, Aufheizung durch die Sonne, vulkanische Aktivitäten und die sogenannte El Niño Southern Oscillation, welche alle drei bis fünf Jahre auftritt und mit einer weltweiten Umkehr der klimatischen Verhältnisse einhergeht, wobei als "Ausgangswert" (was innerhalb eines dynamischen Systems ein problematischer Begriff ist) eine Erwärmung des Pazifischen Ozeans gilt.

Die Forscher erklären die relative Stabilität der globalen Durchschnittstemperatur in den letzten sieben Jahren mit dem Rückgang an Sonnenflecken innerhalb des rund elfjährigen Sonnenzyklus und dem Ausbleiben eines starken El-Niño-Phänomens. In diesem Zeitraum ist jedoch die CO2-Konzentration in der Atmosphäre unvermindert weiter gestiegen, es wäre also mit einer Erwärmung zu rechnen gewesen. Zu der ist es jedoch wegen des gegenläufigen Trends der anderen Klimafaktoren nicht gekommen.

Lean und Rind erklären den extremen Temperaturanstieg 1998 mit einer sehr starken El-Niño-Phase und folgern, daß sich dies wiederholen könnte, nur daß dann die Ausgangstemperatur höher liegen wird als damals. In diesem Jahr verdichten sich die Hinweise auf ein neues El-Niño-Ereignis, das typischerwiese um die Weihnachtszeit seinen Höhepunkt hat und mehrere Monate im folgenden Jahr anhält.

1998 muß man schon als verheerendes Jahr für die Menschheit bezeichnen, da weltweit extreme Dürren und Überschwemmungen auftraten und es zu Ernteeinbußen kam, von denen viele Millionen Menschen betroffen waren. Vor dem Hintergrund stetig schwindendender Weltgetreidereserven und inzwischen von über eine Milliarde Menschen, die ständig Hunger leiden, sowie dem Trend, Biosprit statt Nahrung herzustellen, würde ein globalklimatisches Katastrophenjahr wie 1998 aufgrund zugespitzterer Ausgangsbedingungen an Opferzahlen und volkswirtschaftlichen Schäden vermutlich noch übertroffen werden.

Das gilt ziemlich sich für Australien, das 1998 aufgrund einer Dürre einen Getreideexportverlust von schätzungsweise 1,4 Milliarden Dollar erlebte. [2] Nun leidet der Kontinent aber seit mehreren Jahren unter der sogenannten Jahrhundertdürre und dürfte im Falle eines weiteren kräftigen El-Niño-Jahrs schwerste Ernteeinbrüchen erleben. Auch die südamerikanischen und südostasiatischen Länder haben 1998 deutliche Wirtschaftseinbußen verzeichnet, und es kam vielerorts zu Katastrophen mit hohen Opferzahlen.


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Anmerkungen:

[1] "World will warm faster than predicted in next five years, study warns", The Guardian, 27. Juli 2009
http://www.guardian.co.uk/environment/2009/jul/27/world-warming-faster-study

[2] El Niño Infoseite, Zugriff am 28. Juli 2009

http://www.elnino.info/k5.php

28. Juli 2009