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KLIMA/554: Rätselhafter Methan-Hotspot in den USA - Forscher starten breite Meßkampagne (SB)


Four Corners Area - gewaltige Methanemissionen aus der fossilen Energiewirtschaft


Methan (CH4) ist nach Kohlenstoffdioxid (CO2) das wichtigste, von Menschen verursachte Treibhausgas. Es fängt 20- bis 30mal mehr Wärme pro Molekül ein als CO2, und obwohl es in der Atmosphäre in geringer Konzentration vorliegt, richten Wissenschaftler zunehmend ihre Aufmerksamkeit auf Methan. So verfügte bereits der Umweltsatellit Envisat der Europäischen Weltraumagentur ESA, der von 2002 bis 2012 im Orbit kreiste, über ein Meßgerät namens SCIAMACHY, mit dem erstmals über mehrere Jahre hinweg die globale Verteilung des bodennahen Methans registriert wurde. [1]

Envisat-Meßergebnisse aus den Jahren 2003 bis 2009 haben nun in den USA zu einem gemeinsamen Großeinsatz zahlreicher Forschungseinrichtungen geführt, die herausfinden wollen, was die Quelle der damals entdeckten extrem hohen Methanemissionen in der 6500 Quadratkilometer großen, staubtrockenen Four Corners Area - damit sind die aneinanderstoßenden "Ecken" der Bundesstaaten Arizona, Texas, Colorado und Utah gemeint - ist. Nirgendwo anders in den USA wurden so hohe Methanwerte registriert.

Berechnungen der US-Weltraumbehörde NASA und der University of Michigan zufolge werden dort jedes Jahr an die 600.000 Tonnen Methan emittiert. Das entspricht zehn Prozent aller Methanemissionen der USA, bzw. den Methanemissionen der gesamten Öl-, Gas- und Kohleindustrie Großbritanniens. Ein anderer Vergleich: Die Klimawirkung dieses Hotspots entspricht der Klimawirkung aller CO2-Emissionen Schwedens.

Der Wissenschaftler Eric Kort von der University of Michigan, der sich intensiv mit diesem Phänomen befaßt, geht laut Spiegel online nicht davon aus, daß die umstrittene Methode des Frackings zur Förderung von Erdgas für die Methanemissionen verantwortlich ist. Denn im Jahr 2003, ab dem das Methan festgestellt wurde, wurde in dieser Region noch nicht gefrackt. Statt sich zu sehr aufs Fracking zu konzentrieren, müsse man die Energieindustrie als Ganzes hinterfragen, wird Kort von dem Nachrichtenmagazin zitiert. [2]

Das schließt Fracking als Co-Faktor zu einer oder mehreren Hauptmethanquellen zwar nicht völlig aus, rückt diese Option aber sehr weit in den Hintergrund. Auf der Website der University of Michigan schreibt Kort sogar: "Das beobachtete Signal in Four Corners hängt nicht mit der hochvolumigen hydraulischen Frakturierung in Schiefergestein zusammen." [3]

Wesentlicher scheint zu sein, daß in dieser Region Methan aus Kohleflözen gewonnen wird. "In den Four Corners gibt es so viel Methan, dass es nicht einmal ein besonders starkes Leck braucht, damit es zu den von uns beobachteten Emissionen kommt", wird Kort von Spiegel online zitiert.

Um zuverlässige Daten zu erhalten, arbeiten nun das Cooperative Institute for Research in Environmental Sciences (CIRES), das Institute for Arctic and Alpine Research (INSTAAR) an der University of Colorado Boulder, die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), die Weltraumbehörde NASA und die University of Michigan (U-M) in der breit angelegten Kampagne TOPDOWN (Twin Otter Projects Defining Oil Well and Natural gas emissions) zusammen; noch in diesem Monat sollen die Messungen starten.

"Wenn wir die Methanemissionen, die von einem Satelliten entdeckt wurden, verifizieren können und die verschiedenen Quellen identifizieren, werden die Entscheidungsträger die wesentlichen Informationen für alle Maßnahmen haben, die sie erwägen", sagte Gabrielle Pétron vom CIRES. [4] Damit spielt sie auf den Climate Action Plan der Regierung an, der unter anderem eine Reduktion von Methanemissionen vorsieht.

Im Sommer 2014 wurde der Methan-Hotspot mit Instrumenten an Bord eines Leichtflugzeugs, das die Four Corners Area abgeflogen ist, bestätigt. Nun soll der Kurs des japanischen Erdbeobachtungssatelliten GOSAT umprogrammiert werden, damit er das betreffende Gebiet überfliegt und Messungen des Methangehalts vornimmt. Auch mit Hilfe von Leichtflugzeugen, mobilen Fahrzeugen und fest installierten Meßstationen soll nach den Methanquellen gefahndet werden.

Theoretisch kann es zu den Methanemissionen durch Abfüllen des verflüssigten Methans und andere Maßnahmen der Förderung und des Transports von Erdgas, aber auch durch die Gewinnung von Erdöl, durch den Kohleabbau, natürliche Entgasungen oder auch natürliche Vorgänge, die wiederum durch menschliche Aktivitäten ausgelöst werden, kommen. In allen genannten Fällen geht es um die Gewinnung fossiler Energieträger, die ein hohes Treibhausgaspotential aufweisen.

Mit Erdgas, Erdöl und Kohle werden nicht nur Maschinen angetrieben und Öfen gefüttert, sie sind auch Motor einer auf Wachstum und Verbrauch gegründeten Wirtschaftsweise, die sich im globalen Maßstab als verheerend herausstellt. Daran festzuhalten bedeutet, sehenden Auges Unheil über Menschen hereinbrechen zu lassen, sei es aufgrund zunehmender Dürren, Überschwemmungen und anderer Unwetterkatastrophen, sei es, weil der angestammte Lebensraum von Millionen Bewohnern flacher Inselstaaten und Küsten aufgrund des Meeresspiegelanstiegs untergeht.


Fußnoten:

[1] http://www.esa.int/Our_Activities/Observing_the_Earth/Envisat/Envisat_enables_first_global_check_of_regional_methane_emissions

[2] http://www.spiegel.de/wissenschaft/weltall/satellitendaten-zeigen-methan-ausstoss-der-usa-a-996542.html

[3] http://aoss-research.engin.umich.edu/faculty/kort/FAQs.html

[4] http://cires.colorado.edu/news/press/mapping-methane

13. April 2015


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