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KLIMA/633: USA - der Dummheit Überheblichkeit ... (SB)



Nordamerika wird von einer Kältewelle heimgesucht, und der Oberbefehlshaber der US-amerikanischen Streitkräfte, Donald Trump, beschenkt sein Volk zum Jahresabschluß mal wieder mit ironischem Gezwitscher. "Im Osten könnte es das KÄLTESTE Neujahr der Aufzeichnungen werden. Vielleicht könnten wir ein bißchen von dieser guten alten Erderwärmung gebrauchen, für die unser Land, aber nicht andere Länder, BILLIONEN AN DOLLAR zahlen sollte, um sich davor zu schützen. Zieht euch warm an!", schrieb Trump per Kurznachrichtendienst Twitter.

Weil er die Billionen Dollar offenbar lieber für die Aufrüstung der mit großem Abstand gewaltigsten Militärmaschinerie der Welt ausgibt, um mit ihr in "guter alter" Raubrittermanier seine weltumspannenden Eroberungen einzuleiten, zu begleiten oder ihnen zum abschließenden Erfolg zu verhelfen, anstatt, nur mal als Beispiel, die weitere Verstärkung des folgenschweren Klimawandels zu verhindern, versucht Trump die antiwissenschaftlichen Entscheidungen seiner Regierung mit solch spitzen Bemerkungen zu verharmlosen und unter Gleichsetzung von Wetter und Klima zu legitimieren. Ganz nach dem Motto: Wieso Klimawandel? Wir haben doch eine Rekordkälte!

Ganz nett und schlagfertig, auch wenn in der Sache wenig weiterführend, lautete die Twitter-Antwort Jon Foleys, seines Zeichens Leiter der Akademie der Wissenschaften in Kalifornien: "Glauben Sie es oder nicht, der globale Klimawandel ist sehr real, auch wenn es jetzt gerade kalt außerhalb des Trump Towers ist. Genauso wie es noch Hunger auf der Welt gibt, auch wenn Sie gerade einen Big Mac gegessen haben."

Was dem Friedrich Merz einst ein Bierdeckel fürs bundesdeutsche Steuersystem, ist dem Trump ein auf 280 Zeichen begrenzter Tweet. Mehr braucht er nicht, um seinen Standpunkt unmißverständlich zu verdeutlichen. (Übrigens kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel sogar mit noch weniger aus: Von ihr hört man überhaupt nichts. Womit nicht unterstellt werden soll, daß diejenigen, die sehr viel Lärm um sich machen und das letzte Jahr so viel Medienbeachtung erhalten haben, daß sie erstmals in den Bundestag eingezogen sind, mehr zu sagen hätten.)

So kurz die Zwitschermeldungen aus dem Weißen Haus auch sind, ihre Folgen und Begleiterscheinungen reichen weit. In der aktuellen Kältewelle sind bereits mehrere Menschen erfroren, andere in Folge des Versuchs, die Kälte durch irgendeine Art von Feuer zu überstehen, bei Wohnungsbränden ums Leben gekommen. Aufgrund des massiven Verarmungsprogramms, das schon vor rund zwanzig Jahren vom damaligen US-Präsidenten Bill Clinton eingeleitet worden war und unter Trump nochmals erheblich in dieselbe Richtung forciert wird, sind viele Menschen genötigt zu sparen, wo sie können, unter anderem beispielsweise an der notwendigen Erneuerung ihrer Heizungsanlage bzw. Feuerstätte.

Oder an ausreichend warmen Winterklamotten. Trumps kurzer Appell, sich warm anzuziehen, entspricht in etwa seinem kompletten Sozialprogramm. Mehr Einsatz für Menschen in Not ist von ihm nicht zu erwarten. Noch frisch in Erinnerung sind die Bilder seines Besuchs der von einem Wirbelsturm weitreichend zerstörten Insel Puerto Rico und die vollkommen verächtliche Art, mit der er Haushaltspapiertücherrollen in die Menge geworfen hat, damit sich die Leute auch noch danach strecken müssen.

Allzu gern möchte man sich seinerseits über die miesen Machenschaften dieses Chauvinisten lustig machen. Jedoch befindet er sich in einer Position, in der seine Entscheidungen folgenschwer sind, und andere Leute haben dabei nichts zu lachen. Zu Trumps ersten Amtshandlungen im Januar 2017 gehörte die Freigabe der umstrittenen Erdölpipelines Keystone XL und DAPL (Dakota Access Pipeline); auf der Internetseite des Weißen Hauses wurden alle Hinweise auf den Klimawandel gelöscht; an der Spitze der Umweltschutzbehörde EPA sitzt nun jemand, der den Klimawandel leugnet und einst gegen die Institution wegen ihrer angeblich zu strengen Luftreinhaltegesetze geklagt hatte; in Alaska darf wieder Öl gefördert werden; dem Klimaschutzabkommen von Paris wurde eine Absage erteilt; wissenschaftlichen Institutionen werden Fördergelder für den Klimaschutz gestrichen; Kohlekraftwerke dürfen verstärkt Dreck ausstoßen, und, und, und.

Mit seinem aktuellen Tweet spuckt der US-Präsident den von der Kältewelle Betroffenen direkt ins Gesicht, auf daß der Speichel an ihren Wangen festfriere. Ein Irrtum wäre es indes, anzunehmen, daß allein er den Rollback der US-Regierung ins fossile Erdölzeitalter zu verantworten hätte. Ohne seine Seilschaften innerhalb und außerhalb der Administration hätte er den Sprung ins Weiße Haus gar nicht erst geschafft. Wenngleich er vor gut einem Jahr nicht von der Mehrheit der Wahlberechtigten die Stimme erhalten hat, war doch offensichtlich die Zustimmung in der Bevölkerung genügend groß gewesen, daß er die Konkurrenz ausstechen konnte. Vielen ist die Trump-Regierung ein Greuel. Dennoch liegt man nicht allzu weit daneben, wenn man sagte, daß die amerikanische Bevölkerung den Präsidenten bekam, den sie verdient hat.

Wer allein nur angesichts der Geschichte der USA der letzten 50 Jahre einer der beiden Dauerparteien im Kongreß seine Stimme gibt, muß wissen, daß er damit dem Establishment zur Kontinuität verhilft. Mal braucht es den Klimawandel, um seine Vorherrschaftsinteressen durchzusetzen, mal eben nicht.

29. Dezember 2017


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