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INTERVIEW/165: Klimarunde, Fragestunde - Hoffnung im Verborgenen ...    Prof. James R. Fleming im Gespräch (SB)


Climate Engineering Conference 2014: Critical Global Discussions

Scandic Hotel, Berlin, 18. - 21. August 2014

Professor James Rodger Fleming darüber, warum die Menschheit ohne Technologie nicht überleben kann, der Mensch sein inneres Kind spielen lassen sollte und man von der Reise in die Vergangenheit nicht nur aus schlechten Erfahrungen lernen, sondern auch neue Ideen mitbringen kann ...


Nachthimmel vom Weltraum betrachtet - Foto: by Data courtesy Marc Imhoff of NASA GSFC and Christopher Elvidge of NOAA NGDC. Image by Craig Mayhew and Robert Simmon, NASA GSFC. [gemeinfrei], via Wikimedia Commons

Unbeabsichtigte Experimente - unvorhersagbare Folgen
Lichtverschmutzung
Foto: by Data courtesy Marc Imhoff of NASA GSFC and Christopher Elvidge of NOAA NGDC. Image by Craig Mayhew and Robert Simmon, NASA GSFC. [gemeinfrei], via Wikimedia Commons

Die Menschheit vollzieht ein großartiges, unbeabsichtigtes geochemisches Experiment, indem sie die während der vergangenen 500 Millionen Jahre langsam akkumulierten, durch Fotosynthese aus atmosphärischem CO2 entstandenen fossilen Brennstoffe in geologisch kurzer Zeit der Atmosphäre wieder zuführt.
(Prof. Dr. Christian Junge 1971 [1])

Die Erkenntnis, daß die Abgase der menschlichen Zivilisation und ihre Beimengungen an Ruß, Staub und Chemikalien in der Atmosphäre größte Auswirkungen auf Klima und Umwelt haben können, ist nicht neu. Paul J. Crutzen, ein Nachfolger des ersten Atmosphärenchemikers und damaligen Präsidenten des Max-Planck-Instituts für Chemie, Christian Junge, sollte auf dieser Grundlage nicht nur das Ozonloch als neue "Zivilisationskrankheit" des Firmaments entdecken, wofür er den Nobelpreis erhielt, sondern auch als erster die Notfall-Kühlung des sich zunehmend erhitzenden Planeten mittels künstlicher Beimengungen in die natürliche Atmosphärenchemie vorschlagen, falls die Versuche, Treibhausgase zu minimieren, scheitern würden. Die Vorstellung, Geoengineering zu betreiben, löste eine nun bereits zehn Jahre andauernde wissenschaftliche, moralische und ethische Diskussion aus, die viele Sessions der "Climate Engineering Conference 2014: Critical Global Discussions" bestimmte.

Wieviel Technologie verträgt die Welt, bis sie selbst ihre planeteneigenen Abwehrkräfte aktiviert, um die Ursache allen Übels bei der Wurzel zu packen? Oder bis der Mensch innerhalb einer technologisch durchgestylten Erde überflüssig wird? Das fragt auch die Geschichte, die hinter der Milchstraße in zahlreichen Uni- und Multiversen als Treppenwitz kursiert und trotz eines in Äonen von Lichtjahren gemessenen Bartes immer noch kosmisches Gelächter produziert: Treffen sich zwei Planeten. Sagt der eine: Mir geht es ja so schlecht, ich habe Menschen. - Sagt der andere: Das kenne ich, das geht bald vorüber.

Für Professor James Rodger Fleming ist all das Geschichte: Seit mehr als einem Jahrhundert versuchen Wissenschaft und Militär, aber auch selbsternannte Regenmacher, die er Scharlatane nennt, mit selbstentworfenen Strategien das Wetter und Klima zu manipulieren. In seinem Vortrag "Fixing Everything: Technology and the Interventionist Anthropocene" [Alles läßt sich reparieren: Technologie und das interventionistische Anthropozän] ging der Professor für Wissenschaftsgeschichte, Technologie und Gesellschaft an der Colby Universität, Maine, USA, und Gründungspräsident des ICHM (International Commission on History of Meteorology) noch weiter in der Zeit zurück und ordnete sämtliche handwerklichen Regungen des Menschen historischen Zeitrahmen zu.

Nach Paläolithikum (Stein- und Knochenwerkzeuge), Eotechnikum (dem Segelschiff- und Wasserkraft-Zeitalter), dem umweltverschmutzenden Zeitalter der Industrialisierung mit Dampfkraft und Kohlebergbau (Paleotechnikum) oder dem erdölverbrauchenden Automobil- und Elektrizitätszeitalter (Neotechnikum), in dem wir uns derzeit befinden, frage er sich, wohin die Reise gehen wird. Seiner Meinung nach sei noch offen, ob die Menschheit sich für das vernünftige Ökotechnikum (Zeitalter der Energiewende und Nachhaltigkeit) entscheiden oder eine der anderen sich anbietenden, teilweise umstrittenen Technologien (Bio-, Nano- oder Geotechnologie) zum Mittelpunkt des kommenden Zeitalters machen werden. Er selbst glaube an die Entwicklung des Menschen in Richtung des altruistischen Entrepren"ours" (im Gegensatz zum nur eigene Ziele verfolgenden Entrepren"eur"). Das sei ein Mensch, der andere mit seinen Ideen mitreißt, aber selbst kein wirtschaftliches Interesse verfolgt. Das werde der Zukunft der Erde ganz sicher helfen, schloß er seinen Vortrag. Was er damit anregen wollte, verriet er dem Schattenblick im Anschluß an die Session "Climate Engineering & Human Engineering: Social and Technological Challenges in the Anthropocene" [Klima- Engineering und Human-Engineering: soziale wie technische Herausforderungen im Anthropozän].

Foto: © 2014 by Schattenblick

Gegen die Enge im Denken
Prof. James Rodger Fleming
Foto: © 2014 by Schattenblick

Schattenblick (SB): Geoengineering ist eine Zukunftstechnologie. Sie befassen sich als Historiker vor allem mit den Technologien der Vergangenheit. Warum ist der Blick in die Vergangenheit in dieser kritischen Diskussion über Geoengineering wichtig? Was kann ein Historiker dazu beitragen?

James Rodger Fleming (JF): Genau mit dieser Frage habe ich mich auch in der Einleitung meines Buches 'Fixing the sky: The Checkered History of Weather and Climate Control' [Den Himmel flicken: Die wechselhafte Geschichte von Wettermachen und Klimakontrolle] befaßt. [2] Die historische Entwicklung des Klima-Diskurses, mit der ich mich damals beschäftigte, brachte mich auf den Gedanken zu diesem Buch. Ich hatte davor schon eines über die Geschichte der Klimawandelforschung [3] geschrieben, in dem ich auf wissenschaftliche, aber auch populärwissenschaftliche oder volkstümliche Ansätze einging, denn die gesamte Diskussion zu diesem Thema ist wirklich ungeheuer komplex und läßt sich nicht einfach zusammenfassen. Um die ausgesprochen wechselhafte Entwicklung der Diskurse, der sich ständig ändernden Möglichkeiten und immer wieder neuen Technologien, die zur Diskussion gebracht werden, einschätzen zu können, wäre meiner Meinung nach ein Blick in die Vergangenheit sehr hilfreich.

Auf einer der Tagungen zu diesem Thema drängte der Hauptredner, daß wir angesichts der fortschreitenden Erderwärmung bereits in einer weltweiten Notfallsituation steckten, für die es einfach keine Beispiele gäbe. Ich schlug dann nur vor, uns doch trotz des Notfalls noch ein paar Stunden Zeit zu nehmen und ein kleines Stück in der Geschichte zurückzugehen, und siehe da, ich fand tatsächlich einige Präzedenzfälle. Es waren vielleicht keine komplett analogen Beispiele, doch es hat tatsächlich bereits in der Vergangenheit Menschen gegeben, die versucht haben, das Klima nicht nur zu erforschen, sondern tatsächlich künstlich zu beeinflussen aus verschiedensten, aus ihrer Sicht durchaus gravierenden Gründen. Einer davon, der mir sofort in den Sinn kommt, ist John F. Kennedy mit seiner ersten Jahresbotschaft an den amerikanischen Kongreß Anfang 1961 als neugewählter Präsident. [4] Darin ist eine Passage enthalten, in der er explizit seine Hoffnung ausdrückt, mit der Sowjetunion und anderen Ländern kooperative Forschungsprojekte in allen erdenklichen Disziplinen anzustreben, die der Menschheit helfen könnten, wobei er das Gebiet der Wettervorhersage und -kontrolle und die dafür nutzbare Weltraumtechnologie als besonders erstrebenswert hervorhob. Man müsse nur den TIROS-Satelliten in den Weltraum schießen ...

Der TIROS Satellit in der Umlaufbahn - Foto: by The Goddard Library Extranet (The Goddard Library) [Public domain], via Wikimedia Commons

Wettervorhersage, -kontrolle und Weltraumforschung sind eng miteinander verknüpft.
Das TIROS Programm wurde von John F. Kennedy gefördert.
Foto: by The Goddard Library Extranet (The Goddard Library) [Public domain], via Wikimedia Commons

Das war schon deshalb ein höchst interessanter, historischer Moment, weil 1961 die Forschung bereits eine etwa zehnjährige Auseinandersetzung hinter sich hatte, die sich um die sogenannten Regenmacher drehte. Die meisten Atmosphärenforscher waren nämlich gegenüber den Theorien zum "Wolkenimpfen" bzw. zur künstlich induzierten Wolkenbildung ausgesprochen skeptisch eingestellt. Sie bildeten eine Front gegenüber herausragenden, anerkannten Forschern wie dem amerikanischen Chemiker, Physiker und Nobelpreisträger Irving Langmuir (1881-1957), der bereits in den 1940er Jahren mit Versuchen begonnen hatte, das Wetter mit Chemikalien zu beeinflussen [5]. Aber zur gleichen Zeit kam man auf die Begrifflichkeiten der globalen Klimamodellierung und weltweiten Wetterobservation zurück, um eine Zusammenarbeit mit dem damals stärksten politischen Widersacher anzustreben. Also der Diskurs war im Grunde ebenso komplex wie das ganze Klimasystem für sich genommen schon ist, aber man interessierte sich auf allerhöchster Ebene dafür, so daß Nikita Chruschtschow und John F. Kennedy ihre Wissenschaftsausschüsse und -berater dazu abkommandierten, wissenschaftliche Grundlagen, Diskussionspunkte und Positionspapiere zum Thema zusammenzustellen, wie man Satelliten auch für die weltweite Wetterbeobachtung und -kontrolle einsetzen könne. Die werden übrigens heute noch genutzt. Die Satelliten haben wir für das "Global Atmospheric Research Program" (GARP - Globales Atmosphären Forschungsprogramm [6]), das in den 1980er Jahren lief, ebenso gebraucht wie für die entsprechenden Dokumente und Studienergebnisse, die uns das National Centre for Atmospheric Research [7] liefert.

Es gibt also gewissermaßen zwei Handlungsstränge in dieser ziemlich verwickelten Geschichte, was aber an dieser Stelle zu weit führen würde. Doch um auf Ihre Frage zurückkommen - als Geschichtswissenschaftler trete ich gewissermaßen aus der Vergangenheit in diese Diskurse ein, finde in der gesamten Komplexität gewisse Übereinstimmungen und muß dann aber feststellen, daß es sich fast immer um ausgesprochen ahistorische Gespräche handelt. Ich glaube, dieser historisierende Prozeß, der Übergang eines Gegenstands des Zeitgeschehens zu einem geschichtlichen Gegenstand, ist mir sehr wichtig.

SB: Auch auf dieser Konferenz?

JF: Ich spreche über die Ereignisse der letzten acht Jahre. Diese Konferenz finde ich besonders bemerkenswert, weil sehr viele Sozialwissenschaftler an ihr teilnehmen. Dafür sind die Geschichtswissenschaftler kaum vertreten. Doch die Überlegung, Vertreter der angewandte Sozialwissenschaften, angewandte Philosophie oder selbst des angewandten Humanismus einzuladen, halte ich für sehr ergiebig. Es sind auch viele Filmemacher, Künstler und andere sehr kreative Menschen hier. Die Perspektive des angewandten Humanismus, wie ich ihn nennen würde, halte ich für sehr inspirierend. Denn wenn man sich Gedanken macht zu einem Thema und Sorgen hat, dann hat man auch eine Meinung und kann sagen, was man weiß oder für das Richtige hält. Und dafür muß man kein langjähriger Wissenschaftler oder Umweltaktivist sein.

SB: Ich würde gerne noch bei den historischen Beispielen bleiben. Sie erwähnten Experimente, Wolken seinerzeit mit bestimmten Teilchen zu impfen. Kann man sagen, daß die Wirkungen und Nebenwirkungen dieser Versuche in der Vergangenheit vielleicht insgesamt zu gering waren, so daß man daraus nichts gelernt hat und der Glaube, man könne mit technischen oder chemischen Mitteln das Klima kurieren, immer noch existiert?

JF: Nein, im Gegenteil, die Wirkungen waren äußerst vielversprechend und bestimmte Chemikalien wie etwa Trockeneis oder Silberjodid haben ausgesprochen gut funktioniert und irgendwie die Feuchtigkeit in der Wolke ausgetrickst, daß sie dachte, sie müsse jetzt zu Tropfen kondensieren oder gar in einer Eiswolke auskristallisieren. Es war also eigentlich eine sehr wirksame Technologie, nur eben vollkommen unkontrollierbar. Man konnte also dieses Zeug in die Atmosphäre schießen oder auf eine Wolke streuen, aber man konnte nie wirklich vorhersagen, ob sich die Wolke anschließend einfach auflösen oder herunterregnen würde. Es war zu keiner Zeit ein Kontrollmechanismus, bestenfalls ein Eingriff mit unbestimmten Ausgang. Die Wissenschaftler in den 1940er und 50er Jahren, die sich mit diesen Techniken befaßt hatten, waren sich eigentlich auch alle einig, daß die Methode mehr versprach als hielt und daß man das Ganze bereits viel zu stark kommerzialisierte. Es hat tatsächlich einige "Wolkenimpfer" im Westen Amerikas gegeben, die Farmer dazu bringen wollten, für ihren Regen zu bezahlen. Das waren meistens Scharlatane, die sehr viel mehr versprachen, als sie tatsächlich machen konnten.

Und dann gab es aber auch noch einen Zweig von Militärexperten im Pentagon oder in der Regierung, die gewissermaßen das Wolkenimpfen militärisch nutzen, also Wolken zu Waffen machen wollten. Denn wenn man Wolken mit Silberjodid dazu bringen kann, daß sie regnen, dann kann man auch andere biologische, chemische oder radiologische Agenzien darin deponieren, die dann mit dem Niederschlag auf den politischen Gegner abregnen sollten. Da gab es ganz wilde Vorstellungen in den 1950er Jahren. Im übrigen wird die Wolkenstimulierung mit Silberjodid auch heute noch praktiziert. Es wird zwar nicht mehr von der US-Bundesregierung unterstützt, aber die lokalen Wasser- und Stromanbieter geben noch heute Millionenbeträge für das Wolkenimpfen aus. Vor allem in den Trockenzonen im amerikanischen Westen, die große Schneereservoirs in den Bergen brauchen, versucht man, dem immer wieder künstlich nachzuhelfen. Schätzungsweise zehn Prozent des amerikanischen Westens hat nie aufgehört, Wolken zu impfen, besonders dann, wenn der Wind sie in Richtung der Berghänge weht.

SB: Zehn Prozent ist schon eine ganz gute Menge. Da könnte man sich fragen, ob die Bereitschaft, diesen leichtfertigen Umgang mit den Kräften der Natur zu dulden, vielleicht auch etwas mit der in den USA entstandenen Comic-Kultur oder speziell der Donald Duck-Kultur zu tun hat. Ich denke da an den bekannten Ausspruch eines der Protagonisten, Daniel Düsentrieb wird er bei uns genannt: "Dem Ingeniör ist nichts zu schwör..." oder an Donald Duck als Regenmacher auf Bestellung.

JF: Die Briten haben Keith Robinson. Wir haben in unserer amerikanischen Kultur den Cartoonisten Rube Goldberg, der sich darauf verstand, seine Figuren die absolut aberwitzigsten neuen, aber völlig sinnlosen Maschinen erfinden zu lassen. Er war im übrigen selbst Ingenieur. Aber inwiefern beliebte Figuren wie Donald oder Gyro Gearloose [Daniel Düsentrieb] tatsächlich den Befürwortern von Geoengineering zuarbeiten, kann ich nicht beurteilen. Diese Geschichten haben sicher etwas mit den Praktiken der 1950er Jahre zu tun. Und natürlich ist die Überzeugungskraft des Visuellen auch nicht zu unterschätzen. Ich habe gerade versucht, für die Illustration eines meiner Bücher eine Veröffentlichungsgenehmigung für einen in der New York Times erschienenen Cartoon des deutschen Zeichners Henning Wagenbreth zu erwerben. Er hat ein sehr aussagestarkes Bild gezeichnet von zwei Eisbären, die verzweifelt versuchen, mit einem Schlauch Schwefel in die Atmosphäre über ihren Köpfen zu pumpen, während sie auf einer dahinschmelzenden Eisscholle treiben und bedrohliche Kriegsschiffe im Hintergrund Ruß und CO2 in die Luft blasen. Im Oktober 2007 hatte es ein Editiorial von Ken Caldeira mit dem Titel "How to Cool the Globe" illustriert. Der Künstler hat in einem einzigen Panel die ganze Problematik auf den Punkt gebracht. Alles, was ich brauchte, war die Erlaubnis, das Bild zu verwenden und es in meinen eigenen Erzählrahmen einzubinden. Ich kenne nur drei oder vier weitere Cartoons, die das schaffen und deren Botschaft auch ankommt. Mich hat die Aussage dieser Zeichnung wirklich erreicht.

Auch auf dieser Tagung gibt es eine Session, die sich mit "visuellen Aussagen" befaßt. Die meisten Darstellungen sind allerdings Kurven und Tabellen und drehen sich um technische Fragen, was mit der Steigung der Kurve gemeint ist oder wovon sie die Achse ist und was sich darum dreht. Ein Freund von mir in Paris beschäftigt sich gerade mit der Aussagekraft solcher Kurven über den Rückgang von Ozon. Seiner Ansicht nach war die britische Darstellung des Ozonrückgangs in der Atmosphäre - nur eine weitere Kurve, die in eine bestimmte Richtung ging - nicht eindrücklich genug. Aber wenn man das Ganze als eine Animation ins Internet stellen würde, in der gezeigt wird, wie die sich drehende Erde immer mehr Ozon verliert, könnten die Leute mitansehen, wie das häufig zitierte Loch in der Ozonschicht immer größer wird. Das würde dann wirklich eine sehr aussagestarke Visualisierung. Solche Sachen werden meistens von technischen Gruppen gemacht.

Morgen wird einer meiner Kollegen kommen, der zu der Farbe "rot" arbeitet. Wissenschaftliche Literatur in der Vergangenheit war fast ausschließlich in Schwarz-Weiß. Es gab hin und wieder Tierzeichnungen oder auch geographische Karten, die ein wenig Farbe benutzten, aber es war nicht alles immer nur rot, wie das Tuch des Stierkämpfers.

Heute haben wir eine Vorliebe dafür, die Sorge um unseren Planeten in zornigen, roten Farben abzubilden, und man muß nun nach immer noch stärkeren und tieferen Rottönen suchen, um die Brisanz der Aussage weiter abzustufen. Rot erzeugt starke Emotionen, doch in einem sachlichen Wissenschaftsjournal, das gewissermaßen logisch schwarz auf weiß argumentieren sollte, hat das eigentlich wenig zu suchen. Diese amerikanische Redewendung, "etwas schwarz auf weiß zu besitzen" drückt aus, daß etwas authentisch und unverfälscht feststeht wie ein Vertrag. Doch man bekommt es heute nicht mehr schwarz auf weiß, sondern in Falschfarben.

SB: Sie haben in Ihrem Vortrag den homo sapiens sapiens, den homo faber und den homo ludens als Erklärungsmodelle genannt, warum der Mensch in der Lage ist, immer wieder neue Technologien zu entwickeln. Hatte es einen besonderen Grund, warum Sie dabei den "homo oeconomicus" ausgelassen haben? Der wirtschaftliche Einfluß als Triebfeder von Innovationen ist doch weltweit spürbar, gerade im Hinblick auf das Geoengineering.

JF: Nun, es gibt genaugenommen eine lange Liste mit Erklärungsmodellen für die Erfindung von Technologien, in der auch der homo oeconomicus enthalten ist. Mir würden ad hoc fünf oder sogar sechs Erklärungsmodelle dafür einfallen. Den "homo ludens" habe ich erst am Vorabend in meinen Vortrag eingeflochten, die "Knowlogie", Wissenlogie, fiel mir mitten in der Nacht als ein schöner Einstieg in diese Thematik ein. Und ich hatte mir das nur kurz auf dem erstbesten Zettel, meinem Flugticket, notiert. Also ich spielte in Gedanken noch mit diesen Begriffen, wollte aber auch nicht ausschließlich auf diese Begrifflichkeiten abheben, denn auch wenn sie alle irgendwie sehr grundlegend sind, spiegeln sie im Grunde nur einzelne Facetten des jeweils gleichen Themas, daß Technologien schon seit Menschheitsgedenken existiert haben, doch sie wechseln und verändern sich im Verlauf der Zeit. Es gibt Historiker, die sich mit der Geschichte des Sports und den einzelnen Sportarten befassen, wie die Geschichte des Golfs und seiner Regeln oder mit brisanten Fragen, ob man beispielsweise als Anarchist Fußball spielen darf, weil man sich dann einem Reglement und auch dem Schiedsrichter unterwerfen müsse. Doch auch die stellen fest, daß sich im Laufe der Zeit die Regeln ändern. Auch die Szenarien ändern sich, und die Bedeutung von Wirtschaftsbegriffen. Aber Sie haben ganz recht, der homo oeconomicus hätte eigentlich mit dazu gehört.

SB: Gab es einen besonderen Grund, warum Sie den spielenden Primaten, den homo ludens, in Ihrem Vortrag erwähnen wollten? Und würden Sie ihm - wenn überhaupt - im Hinblick auf die Ergebnisse, die solches Spiel hervorbringen könnte, Grenzen stecken?

JF: Die Grenze, die ich sofort ziehen würde, ist das bloße Spielen mit Worten frei von jeder Bedeutung. Das mag vielleicht eine unterhaltsame Freizeitbeschäftigung mit Freunden sein, kann aber, wenn man sich hinter dem sogenannten postmodernem Denken verschanzt, um Begriffe, Grundannahmen oder Bedeutungen in unserer Sprache aufzulösen und mit Metaphern und Analogien zu spielen, unverantwortliche Folgen haben.

Die Herangehensweise hingegen, in einer aufgelockerten, nicht evaluierenden oder bewertenden Arbeitsatmosphäre die eigenen Gedanken spielen zu lassen, ehe man eine These zu Papier bringt, ist etwas, das ich sehr hilfreich finde und gerne fördern möchte. Aber natürlich gibt es auch einen Zeitpunkt, an dem man aufhören sollte und vom Spielen draußen hereinkommen muß, um sich wieder an die Arbeit zu setzen. Die herrliche Zeit zum Spielen, "Playtime", kann - gut eingesetzt - sehr vitalisierend sein. Ich spreche da aus eigener Erfahrung, denn ich arbeite oft sehr intensiv und dann wiederum spiele ich auch intensiv. Und es gibt Zeiten in denen ich einfach irgendwo im tiefen Wald verschwinde und für niemanden mehr erreichbar bin, denn ich weiß, daß ich das einfach brauche, um mit aufgeladenen Batterien zurückzukehren.

Wetterfrosch leitet mit einer Linse Sonnenstrahlen in eine Tonne mit der Aufschrift Sonnenenergie. - Grafik: © 2013 by Schattenblick - [http://www.schattenblick.de/infopool/dienste/wetter/wett6561.html]

Mit Ideen spielen ...
Jean-Luc, der Wetterfrosch - Cartoon zum Schattenblick-Wettervers vom 22. August 2013
Grafik: © 2013 by Schattenblick
[http://www.schattenblick.de/infopool/dienste/wetter/wett6561.html]

SB: Sie hatten in Ihrem Vortrag die Teilnehmer gefragt, ob die Menschheit auch ohne Technologien, wie wir sie kennen, auskommen könnte. Die vorherrschende Meinung war, nein, man könne das nicht. Es ließe sich doch vorstellen, daß man ohne Rückgriff auf Techniken, die - Sie sagten es - bereits in der Steinzeit mit der Nutzung von Werkzeugen ihren Anfang nahmen, vielleicht auf Ressourcen zurückgreifen könnte, die bis dahin als nicht schnell genug wirksam oder unattraktiv empfunden wurden. Was wäre denn Ihre Antwort auf Ihre eigene Frage gewesen, können wir ohne Technik auskommen?

JF: Meine Antwort darauf wäre ebenfalls, nein, das können wir nicht. Aber es müßte nicht diese Art von Technologie sein, die noch vorherrscht. Es könnte eine erneuerbare, die Natur und Umwelt unterstützende Form von Technologie sein, also nicht nur eine an die Bedürfnisse angepaßte oder angemessene Technologie, sondern darüber hinaus etwas, was wir als unaufwendige "Low-Tech" im Gegensatz zu HighTech bezeichnen würden. [8] Darüber hinaus wäre eine umsichtige und behutsame Nutzung dieser Technologien unabdingbar.

Technologie bedeutet ja nicht nur allein Maschinen und ihre Anwendung. Sie umfaßt das ganze System sozialer, menschlicher Belange und das alltägliche Leben mit der produkterzeugenden Welt. Und Technologie kann - wie ich bereits sagte - ein Motorboot sein. Sie könnte aber auch ein Kanu sein. Die Technologie könnte allein im Paddel stecken oder in Form der Handhabung des Paddels, um damit unter geringstem Aufwand große Strecken zu bewältigen, oder auch die Art und Weise, mit der die Birkenrinde zur Verschalung des Rumpfs genutzt wird. Es können sehr feine, sehr bodenständige oder vielleicht sogar besonders gut biologisch abbaubare Produkte sein, wie sie schon im Eotechnik-Zeitalter genutzt wurden oder eben sehr hochentwickelte, ausgeklügelte High-Tech-Instrumente.

Die meisten meiner Studenten, die das erste Mal mit diesem Gebiet in Berührung kommen, denken, es ginge dabei um iPads, iPhones, Internet, Computer usw., und meine Aufgabe besteht darin, sie darüber aufzuklären, daß alles, was Menschen je in ihren Leben getan haben, um sich Nahrung, Bekleidung oder Transportmöglichkeiten zu verschaffen, mit Technologie zu tun hat. Und wenn sie das aber in einer umsichtigeren Art und Weise tun würden, dann wären wir alle sehr viel besser dran.

SB: Sie haben ja verschiedene zukünftige Technologie-Zeitalter genannt, auf die die Menschheit zusteuern könnte. Welche Richtung würden Sie selbst ansteuern, die nachhaltige, erneuerbare Eco-Technik Ära oder eine ganz andere Ära?

JF: Das ist meines Erachtens ein Ideal, das gewissen romantisierten Vorstellungen vorangestellt wird, frei von Stromnetzen oder anderen Vernetzungen zu sein, die Umwelt nicht oder nur wenig zu belasten ... Ich selbst bin ein Fan von saubereren, leiseren Städten. Dabei geht es mir nicht nur um die globale Erwärmung. Es geht schließlich auch darum, gute, frische Luft zu haben, und darum, Ressourcen an fossilen Kohlenwasserstoffen für kommende Generationen aufzusparen, die dann auch eine eigene Wahl darüber hätten, was sie damit tun.

Es geht nicht nur um die Lösung eines einzigen Problems. Mir behagt es nicht, wenn man Kohlenstoffdioxid (CO2) immer sofort mit der globalen Klimaerwärmung, mit Katastrophen und Wetterextremen gleichsetzt. Das erfaßt einen viel zu kleinen Ausschnitt des Spektrums, um damit eine Gleichung zu erstellen. CO2 spielt viele verschiedene Rollen in unserem Leben, auch in unserer Atmung, bei der es das Abgas des körpereigenen Stoffwechsels darstellt, oder in der Pflanzenatmung und -assimilation. Wenn wir mehr Dinge aus Holz herstellen und verwenden würden, käme das einem Aufforsten gleich. Denn die Bäume sequestrieren CO2 [9], indem sie Baumaterial, Biomasse, produzieren, und wenn wir das Holz nutzen, dann ist wieder Platz da, daß neue Pflanzen oder auch Bäume wachsen können.

Ich habe einmal einen etwas ungewöhnlichen Essay zum Thema CO2 geschrieben und ihn Carbon"Die"-Oxide - The Personal and the Planetary überschrieben. [10] Denn darin befasse ich mich mit der Toxizität und narkotischen Wirkung dieses omnipräsenten, aber gefürchteten Klima-Agens in der Atmosphäre, wegen dem schon sehr viele Menschen und Tiere hier auf der Erde ihr Leben verloren haben. Es hat haufenweise Ohnmachtsanfälle unter Brauerei-Arbeitern gegeben, weil zuviel Kohlenstoffdioxid aus den Braufässern entwichen ist und manche sind daran gestorben. Es gab immer wieder Todesfälle bei Minenarbeitern. Es gibt regelrechte toxische Täler, in denen sich CO2, das ja schwerer ist als Luft, sammelt oder auch das berüchtigte Höhlengas, das Höhlenforscher getötet hat. Auch die Tragödie in Kamerun, bei der im August 1986 plötzlich große Mengen von Kohlenstoffdioxid (CO2) aus dem Nyos-See austraten und etwa 1700 Bewohner der umliegenden Dörfer töteten, gehört dazu. Kurzum, es war mir ein Anliegen, die sehr eng abgesteckte Diskussion um CO2 einmal in dieser Hinsicht zu erweitern und zu ergänzen, was ich mit diesem im übrigen etwas spielerischen Aufsatz versucht habe.

Nyos-See, acht Tage nach der Katastrophe. Gut zu erkennen ist der Streifen abgestorbener Pflanzen - Foto: by United States Geological Survey [Public domain], via Wikimedia Commons

1700 Bewohner umliegender Dörfer wurden bei dem durch vulkanische Aktivitäten ausgelösten, spontanen Ausgasen des CO2-gesättigten Sees getötet.
Foto: by United States Geological Survey [Public domain], via Wikimedia Commons

SB: Weshalb ist für Sie ein Entreprenour zu sein oder die Entwicklung des Menschen oder Wissenschaftlers zum Entreprenour die Antwort zum Geoengineering?

JF: Ich kann nicht sagen, ob es wirklich 'die' Antwort zum Geoengineering ist. Es ist eher so, daß ich bei den drei Menschen, mit deren Leben und Arbeit ich mich wissenschaftlich befaßt habe, eine Art Übereinstimmung oder Muster sehe, das ich Entreprenourship genannt habe. Dabei geht es nicht um das gesamte Narrativ, sondern um den großen Rahmen der Forschung, die diese drei meines Erachtens großartigen Meteorologen des 20. Jahrhunderts betrifft. Sie haben nicht persönlich von ihrer Arbeit profitiert, sie sind nicht reich davon geworden, denn sie haben ihre Erkenntnisse an ihr Team weitergegeben, weil sie etwas erforschen und bewirken wollten, was ihnen mehr wert war als ihre persönliche Karriere. Deshalb ist der Begriff Entreprenourship, den ich im Unterschied zum Entrepreneur bewußt mit "our" am Ende schreibe, eine Wortschöpfung, für die ich eine gewisse Vorliebe entwickelt habe, da sie so gut zu diesen Personen paßt, mit denen ich mich befaßt habe.

Es wurde schon einiges zum wissenschaftlichen Entrepreneurship geschrieben. In einem Buch von Steven Shapin [11] findet man ein ganzes Kapitel darüber, in dem er kommerziell orientierte Wissenschaftler wie Richard Feynman beschreibt, ein Teilnehmer der Roger Commission, die den Challenger Space Shuttle Absturz aufklären sollte, der die Medien nutze, um gewissermaßen seinen Marktanteil zu sichern. [12] Er schreibt auch über die Methoden von John Craig Venter, der die menschliche DNA sequenzierte, über die Investitionen in das Silicon Valley oder in die Biotech-Forschung. Jedenfalls wurde das von Bruno Latour mit den Worten kommentiert, es gäbe wohl keine Wissenschaftler mehr, nur noch Entrepreneurs.

Bei meinen Recherchen konnte ich aber nun ein ganz anderes Verhaltensmuster bei einigen Wissenschaftlern erkennen, und zwar nicht nur bei denjenigen, über die meine Forschungen gingen, sondern auch bei denen, die gewissermaßen die politischen und sozialen Konsequenzen ihres Tuns in ihrer Arbeit zugrunde legten, wie Lloyd Viel Berkner. Das war ein US-amerikanischer Physiker und Initiator des Internationalen Geophysikalischen Jahres, das vom 1. Juli 1957 bis zum 31. Dezember 1958 die weltweite Forschung auf dem Gebiet der Geophysik vorantreiben sollte. Dieser Mensch hat wahrhaftig wie ein Berserker daran gearbeitet, daß dieses Jahr ein Erfolg wurde.

Oder dann gab es noch Sydney Chapman, einen britischen Geophysiker, der die Ionosphäre erforschte und ebenfalls an diesem Geophysikalischen Jahr als Präsident eines Teilprojekts beteiligt war. Ihre Leistungen liegen auch in der Zusammenarbeit mit anderen. Es gibt einfach Dinge, die man nicht allein schaffen kann. Ein Astronom kann vielleicht einiges ganz alleine herausfinden, wenn er ein gutes Teleskop hat, aber dann braucht er Menschen, die ihm dazu verhelfen, dieses Teleskop zu bekommen. Geophysiker brauchen ein gutes Netzwerk für ihre Daten. Wie wurde zum Beispiel das Strahlungsverhalten von Kurzwellen in der Ionosphäre beobachtet? Das haben wir einer Handvoll von Amateurfunkern auf beiden Seiten des Atlantiks zu verdanken, die nach verschiedenen Signalen Ausschau hielten und sich darüber austauschten. Da fand gewissermaßen erstmals in den 1930er Jahren so etwas wie Crowdsourcing [13] statt, nur ohne Internet. Das war bereits eine entreprenourartige Bewegung, denn das damalige National Bureau of Standards (NBS [14]) hätte das mit nur einem Transmitter nicht selbst schaffen können. Sie brauchten ein Netzwerk. Also wurden alle möglichen Amateure wie Nordlichtbeobachter, Hobbyastronomen oder Kometen-Hunter, die wieder eine eigene Strategie der Himmelsbeobachtung praktizieren, zusammengeschlossen und ihre Beobachtungen und Ergebnisse mit genutzt.

SB: Im Deutschen wird der Begriff meist für junge, besonders innovative Unternehmer verwendet, eigentlich Existenzgründer mit ganz besonderen, noch nie dagewesenen Ideen, die aber kommerziell ausgerichtet sind. Sie verwenden den Begriff in einer eher altruistischen Deutung, wenn ich das recht verstehe?

JF: Ich bin keineswegs gegen neue oder bahnbrechende Ideen. Ich habe nur nach einem besseren Ausdruck für das gesucht, was ich damit sagen will. Er sollte sich gerade gegen diesen "Business"-Trend absetzen. An meinem College findet regelmäßig das "Annual Entrepreneurial Alliance Business Competition" für die beste unternehmerische Idee statt, die dann 15.000 Dollar Startkapital erhält. Da sieht man dann die smarten Business-Kids in ihren steifen, weißen Hemden, Krawatten und Anzügen, die sich und ihre Geschäftsidee verkaufen wollen. Das ist der homo oeconomicus und den meine ich nicht.

Daher nehme ich den französischen Ausdruck Entreprenour, weil das "our" am Ende bereits einen offeneren, etwas anderen, wärmeren Klang hat. Ich kenne das durch das Spielen von Blechblasinstrumenten, da braucht man für das Waldhorn auch einen etwas offeneren Mund, um es anzublasen, als bei der Oboe, bei der man die Lippen beinahe zusammenkneifen muß. Ich nenne Entreprenoure die Menschen, die in der Lage sind, segensreich für andere zu wirken, Dinge zu tun, die größer sind als sie selbst, die sie über ihre eigenen Interessen stellen. Und dazu gibt es in der Geschichte Beispiele unter den Wissenschaftlern, aber auch andere. Ich hätte auch Mutter Theresa nennen können ...

SB: Ich hatte den Eindruck, daß Ihr Vortrag, der eine ganze Reihe von Denkanstößen und Bildern enthielt, die aber nicht zu Ende geführt wurden, bei den Teilnehmern vor allem Assoziationen aus ganz anderen Bereichen hervorgebracht hat, die vermutlich nicht unbedingt dem entsprachen, was Sie dabei im Sinn hatten. Hatten Sie vielleicht einen besonderen Grund, Ihre eigenen Ansichten, die Sie an anderer Stelle schon sehr deutlich vertreten haben, eher ein bißchen in den Hintergrund zu stellen?

JF: Ja genau. Man spricht im Angelsächsischen von "spin outs" oder "Spin-offs" (Ableger), von Fernsehserien zum Beispiel. Und ich hatte mir angesichts der nur zehnminütigen Redezeit überlegt, sage ich etwas und ziehe dann meine Schlußfolgerungen und Punkt oder stelle ich mehrere wichtige Punkte und Assoziationen nebeneinander, die vielleicht einen synergistischen Effekt haben oder Fragen aufwerfen. Vielleicht beschäftigt sich jetzt der eine oder andere einmal mit den wissenschaftsphilosophischen Ideen von John Desmond Bernal oder Lewis Mumford oder auch John von Neumann und gewinnt neue Erkenntnisse.

Genauso wie ich lieber Bücher mag, die eher auf eine Fortsetzung als auf ein Ende zusteuern, oder auch solche, die Fragen aufwerfen und eine Unterhaltung beginnen, als welche, die ihre eigene Auffassung dogmatisch vertreten und auf ein bestimmtes Resümee abzielen, sollten meines Erachtens auch Vorträge vor allem das Gespräch mit den Teilnehmern eröffnen, das dann als "Folge zwei" in einem anderen Rahmen fortgeführt werden kann.

Prof. Jim Fleming bei seinem Vortrag im Kreis von CEC'14 Teilnehmern - Foto: © 2014 by Schattenblick

Viel Raum für eigene Gedanken
Foto: © 2014 by Schattenblick

SB: Herzlichen Dank, Professor Fleming, daß Sie sich für uns die Zeit genommen haben.


Anmerkungen:


[1] Aus dem 2011 erschienenen Jubiläumsband "Denkorte" der Max-Planck Gesesllschaft
http://www.mpic.de/fileadmin/user_upload/pdf/Max-Planck_256-265.pdf

[2] James R. Fleming, "Fixing the Sky: The Checkered History of Weather and Climate Control", New York, NY, Columbia University Press, 2010, ISBN 9780231144124; 344 Seiten

[3] James R. Fleming, "Historical Perspectives on Climate Change", Oxford University Press, 2005

[4] Aus der 11. Jahresbotschaft des Präsidenten an den amerikanischen Kongress, von John F. Kennedy, 30. Januar 1961:
Finally, this Administration intends to explore promptly all possible areas of cooperation with the Soviet Union and other nations "to invoke the wonders of science instead of its terrors." Specifically, I now invite all nations - including the Soviet Union - to join with us in developing a weather prediction program, in a new communications satellite program and in preparation for probing the distant planets of Mars and Venus, probes which may someday unlock the deepest secrets of the universe.
http://www.presidency.ucsb.edu/ws/?pid=8045

[5] In "The Climateengineers - Playing god to save the planet" [The Wilson Quarterly, Frühjahr 2007] schreibt Jim Fleming:
Gemeinsam mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Vincent Schaefer habe Irving Langmuir mit Trockeneis als Kristallisationskeim an künstlich induzierten Niederschlägen experimentiert. In seiner Arbeit darüber soll er von Kettenreaktionen gesprochen haben, die damit in Kumuluswolken etwa die gleiche Kraft wie eine Atombombe entfalten könne, nur ohne Fallout. Das habe auch das Militär interessiert ...

[6] Das Global Atmospheric Research Program (GARP) war ein von 1967 bis 1982 laufendes internationales Forschungsprogramm. Die Führung hatte die World Meteorological Organization und der International Council of Scientific Unions, den Vorsitz hatte Jule Charney. Zu den wesentlichen, im Rahmen dieses Forschungsprogramms durchgeführten Experimenten zählen das GARP Atlantic Tropical Experiment von 1974 und das ALPine EXperiment (ALPEX) von 1982. Unterstützt von 40 Schiffen und 13 Flugzeugen waren über 4000 Forscher am Projekt beteiligt.

[7] Das National Center for Atmospheric Research (NCAR) ist ein US-amerikanisches Forschungsinstitut aus dem Bereich der Atmosphärenwissenschaften. Zu den Zielen von NCAR gehört die Erforschung der Erdatmosphäre und der ihr zugrunde liegenden physikalischen Prozesse, aber auch atmosphärisch bedingte gesellschaftliche Auswirkungen und Einflüsse auf Ökosysteme.

[8] Der Begriff Low-Tech bezieht sich auf technische Gegenstände, die folgende Qualitäten besitzen müssen wie ein mechanischer Dosenöffner:
- einfache Funktion
- einfache Herstellung
- einfache Bedienung
- Robustheit
- einfache Wartung
- Nachhaltigkeit und Müllvermeidung sind weitere Kriterien bei der Herstellung.
- Zudem sollen Low-Tech-Produkte möglichst keine Energiezufuhr brauchen.

[9] CO2 Sequestrierung ist der Fachterminus für die CO2-Abscheidung in Zusammenhang mit einer sicheren Lagerung in Meer oder anderen Lagerstätten (CCS), wenn es um die Verringerung von Treibhausgasen in der Atmosphäre geht. Neben verschiedenen technischen Lösungen wird auch die biologische Sequestrierung über das Aufforstung von Wäldern diskutiert, denn alle Pflanzen können CO2 mit ihrem Stoffwechsel in Biomasse umbauen.

[10] Die PDF-Datei läßt sich hier downloaden:
http://www.academia.edu/6892498/Carbon_Die_-Oxide_The_Personal_and_the_Planetary

[11] Steven Shapin ist ein US-amerikanischer Wissenschaftshistoriker und -soziologe sowie Professor für Wissenschaftsgeschichte an der Harvard University, der u.a. zum Thema des Entrepreneurships in den Wissenschaften forscht.

[12] Die Fernsehübertragung der Challenger Untersuchung durch die Roger Commission nutzte Richard Feynman, indem er mit einem O-Ring medienwirksam vorführte, wie das Teil unter kalten Wetterbedingungen seine Widerstandskraft verlieren kann. Er spannte etwas von dem Material in eine Klammer und tauchte es vor der Kamera in eiskaltes Wasser. Anschließend war die Kommission davon überzeugt, daß das kalte Wetter beim Start in Cape Canaveral dafür verantwortlich war, daß die O-Ringe nicht ausreichend isoliert hatten.

[13] Crowdsourcing bezeichnet die Auslagerung traditionell interner Teilaufgaben an eine Gruppe freiwilliger User, z.B. über das Internet. Diese Bezeichnung ist an den Begriff Outsourcing angelehnt, die Auslagerung von Unternehmensaufgaben und -strukturen an Drittunternehmen.

[14] US-amerikanisches Pendant zur Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB)


Zur "Climate Engineering Conference 2014" sind bisher in
INFOPOOL → UMWELT → REPORT → BERICHT
und
INFOPOOL → UMWELT → REPORT → INTERVIEW
unter dem kategorischen Titel "Klimarunde, Fragestunde" erschienen:

BERICHT/088: Klimarunde, Fragestunde - für und wider und voran ... (SB)
Ein Einführungsbericht

INTERVIEW/149: Klimarunde, Fragestunde - Hört den Wind ...    Pene Lefale im Gespräch (SB)
INTERVIEW/150: Klimarunde, Fragestunde - defensiv zur Sicherheit ...    Prof. Jürgen Scheffran im Gespräch (SB)
INTERVIEW/151: Klimarunde, Fragestunde - Folgen kaum absehbar ...    Prof. Mark Lawrence im Gespräch (SB)
INTERVIEW/152: Klimarunde, Fragestunde - geteilte Not, dieselbe Not ...    Dr. Thomas Bruhn im Gespräch (SB)
INTERVIEW/153: Klimarunde, Fragestunde - Fortschritt in falscher Hand ...    Prof. Clive Hamilton im Gespräch (SB)
INTERVIEW/154: Klimarunde, Fragestunde - Erstickt nicht den Atem der Natur ...    Viliamu Iese im Gespräch (SB)
INTERVIEW/155: Klimarunde, Fragestunde - schlußendlich nach der Decke strecken ...    im Gespräch mit fünf Klimawandelexperten, - besorgten und -betroffenen der CEC'14 Tagung (SB)
INTERVIEW/156: Klimarunde, Fragestunde - Die guten ins Töpfchen ...    Prof. Steve Rayner im Gespräch (SB)
INTERVIEW/158: Klimarunde, Fragestunde - Zeit für neue Kalküle ...    Dr. Rachel Smolker im Gespräch (SB)
INTERVIEW/159: Klimarunde, Fragestunde - Am Rande der Wissenschaften ...    Dr. Cush Ngonzo Luwesi im Gespräch (SB)
INTERVIEW/160: Klimarunde, Fragestunde - Ohren für die anderen ...    Dr. Bronislaw Szerszynski im Gespräch (SB)
INTERVIEW/161: Klimarunde, Fragestunde - für Aktivisten und Kritiker offen ...    Stefan Schäfer im Gespräch (SB)
INTERVIEW/163: Klimarunde, Fragestunde - Gesprächstoleranz über die Maßen ...    Ian Simpson im Gespräch (SB)
INTERVIEW/164: Klimarunde, Fragestunde - Gegen den Strom ...    Dr. Elizabeth Bravo im Gespräch (SB)

26. September 2014