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RECHT/037: Wasser-Volksbegehren Berlin - Am 6.10. entscheidet das Verfassungsgericht (DER RABE RALF)


DER RABE RALF
Nr. 151 - August/September 09
Die Berliner Umweltzeitung

Wasser-Volksbegehren
Am 6. Oktober entscheidet der Berliner Verfassungsgerichtshof

Von Thomas Rudek


Am 14. Juli fand vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof die Anhörung zum Volksbegehren "Schluss mit Geheimverträgen - Wir Berliner wollen unser Wasser zurück" statt. Fast 40.000 Berlinerinnen und Berliner unterstützten bis Februar 2008 das von der Bürgerinitiative "Berliner Wassertisch" zusammen mit der GRÜNEN LIGA Berlin gestartete Volksbegehren in der ersten, so genannten Zulassungsstufe. Daraufhin überprüfte Innensenator Körting (SPD) die Zulässigkeit und entschied, dass das Volksbegehrensgesetz zur Offenlegung von Geheimverträgen gegen höherrangiges Recht, insbesondere gegen die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse privater Kapitaleigner verstößt.

Gegen die Ablehnung hatte die Bürgerinitiative vor dem Berliner Verfassungsgerichtshof Einspruch eingelegt, der nach gut einem Jahr am 14. Juli verhandelt wurde. Die Bürgerinitiative wurde von dem Wirtschaftsjuristen und Vorstandsvorsitzenden der Berliner Verbraucherzentrale, Prof. Kesser, vertreten. Sowohl der Senat wie das Abgeordnetenhaus Berlin ließen sich durch private Kanzleien vertreten. In der Anhörung wurde dem neuen Ausführungsgesetz zu Volksbegehren viel Raum beigemessen. Vor allem wurde die Frage erörtert, ob der Senat bei der Prüfung von Volksbegehrensanträgen höherrangiges Recht (Grundrechte) als Prüfkriterium heranziehen kann. Bei strenger Auslegung des neuen Ausführungsgesetzes wäre das zu verneinen, weil eine genaue Aufschlüsselung der Prüfkriterien im Ausführungsgesetz versäumt worden ist. Dieser "Redaktionsfehler", der von der Kanzlei, die vom Abgeordnetenhaus Berlin beauftragt ist, eingestanden wurde, könnte dazu führen, dass die Argumentation des Senats, die zur Ablehnung des Volksbegehrensantrags geführt hat, rechtlich hinfällig wäre. In diesem Fall wäre der Start für die zweite Stufe des Volksbegehrens frei.

Wichtiger als die Erörterung verfahrenstechnischer Probleme, die sich aus einem "fehlerhaften" Ausführungsgesetz ergeben, ist die Klärung der Frage, die sich aus dem Volksbegehrensgesetz zur Offenlegung von Verträgen ergibt: Dürfen sich private Investoren, die sich an einem öffentlichen Monopolunternehmen im Bereich der Daseinsvorsorge beteiligen, auf Grundrechte berufen? Nach klassischer Rechtsauffassung ist der Staat an die Grundrechte gebunden (Grundrechtsbindung) und darf sich auf diese nicht berufen. Die Staatsbürger hingegen sind als "natürliche Personen" Grundrechtsträger, was bedeutet, dass sie sich im Fall der Verletzung ihrer Grundrechte auf den Grundrechtsschutz berufen können. Wenn der Staat die öffentliche Daseinsvorsorge privatisiert oder teilprivatisiert, dann sollte den privaten Investoren deutlich signalisiert werden, dass auch sie der Grundrechtsbindung unterliegen und sich nicht auf Grundrechte wie Betriebs- und Geschäftsgeheimnis berufen können - und schon gar nicht in einem natürlichen Monopol wie der regionalen Wasserversorgung. Es bleibt zu hoffen, dass am 6. Oktober der Berliner Verfassungsgerichtshof über diese wichtige Frage entscheiden wird.

www.berliner-wassertisch.net

Auszüge aus dem Konsortialvertrag:
berliner-wasser.blogspot.com


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:
Infostand Ökowerk, Herbstfest 2007


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Quelle:
DER RABE RALF - 20. Jahrgang, Nr. 151, August/September 09, S. 2
Herausgeber:
GRÜNE LIGA Berlin e.V. - Netzwerk ökologischer Bewegungen
Prenzlauer Allee 230, 10405 Berlin-Prenzlauer Berg
Redaktion DER RABE RALF:
Tel.: 030/44 33 91-47, Fax: 030/44 33 91-33
E-mail: raberalf@grueneliga.de
Internet: www.grueneliga-berlin.de/raberalf

Erscheinen: zu Beginn gerader Monate
Abonnement: 10 Euro/halbes Jahr


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. September 2009