Leo Lukas
Die Feinde der Wyconder
Perry-Rhodan-Heft Nr. 3305
Leerraum zwischen Milchstraße und Agolei, Juli 2250 NGZ
Auf terranische Zeit umgerechnet, wurden die Wyconder ungefähr im Juni 2193 NGZ von Shrell heimgesucht. Damals entfachte die Leun ein Brennendes Nichts auf deren Heimatplaneten Wengir - einem Planeten, den die Wyconder selbst erbaut hatten und der den kollektiven Wunschvorstellungen aller seiner Bewohner entsprach, weil er von Generation zu Generation weiter vervollkommnet wurde. Alles im Wycosystem gehört allen Wycondern. Sie leben in Sippen zusammen, kennen kein größeres Privateigentum und bezeichnen ihre in Jahrtausenden optimierte Staatsform als soziale Anarchie, die auf dem Postulat beruht, dass jeder nur sich selbst gegenüber Rechenschaft schuldig ist. Produktivität ergibt sich aus dem friedlichen Wettstreit aller Sippen und sonstigen Gemeinschaften. Ihr biologisch verankertes Nähebedürfnis führt automatisch zu einem zivilisierten Miteinander. Da das nicht immer funktioniert, wurde auf jeder sozialen Ebene ein Schlichter oder eine Schlichterin demokratisch bestimmt, die gegebenenfalls Urteile sprechen. Die schlimmste Strafe ist die zeitweilige Isolation und extrem selten die Verbannung.
Als Shrell die Wyconder heimsuchte, war Gemmicon die amtierende oberste Schlichterin, die durch einen Mehrheitsbeschluss sämtlicher Wycondergruppen gewählt worden war. Als Nachfolgerin hatte sie sich Terrybor gewünscht. Doch die junge Wyconderin wollte lieber eine Familie gründen. Dann kam Shrell und eines der ersten Opfer ihres Angriffs war der Partner, den sie erwählt hatte.
Der Legende nach sind die Wyconder ein altes Volk. Ihre Vorfahren hatten sich - ausgelaugt nach Jahrtausenden der Arbeit als kosmische Architekten - in den intergalaktischen Leerraum zurückgezogen und die absolute Ödnis besiedelt. Sie schufen die riesige Sonne Wyco, den großen blau-grünen, blühenden Planeten Wengir und die viel kleinere atmosphärelose Gesteinskugel Rugyra. Nachdem Shrell Wengir vernichtet hatte, mussten die Wyconder auf diesen Planeten zurückgreifen und setzten alles daran, mit dem Bau etlicher Kuppelstädte eine neue Zukunft aufzubauen. Deshalb wollen sie nicht an die Schandtaten Shrells erinnert werden, was nun mit der Ankunft des PHOENIX eingetreten ist. Insofern sind viele Wyconder sehr schlecht auf Perry Rhodan und seine Begleiter zu sprechen - auch wenn diese selbst Opfer Shrells sind.
Terrybor gibt Perry und sein Team in die Obhut ihres Vetters Diolgemin, der sich ihnen gegenüber offen feindselig verhält. Die RITAKOR bringt sie nach Rugyra-9, den größten der nach der Aufgabe Wengirs geschaffenen Zufluchtsorte. Dort werden sie per Transmitter in eine Kuppelstadt versetzt, in der sie sich frei bewegen dürfen. Da der PHOENIX ohne das Aggregat, das Shrell ihnen geschenkt hat, in diesem Bereich des Kosmos gestrandet ist, ohne jemals nach Terra zurückkehren zu können, spielt Atlan mit dem Gedanken, es zu stehlen. Sie könnten aber auch ohne Aggregat mit dem PHOENIX weiterfliegen, denn es sind nur noch drei Flugtage bis zur Agolei.
Während Perry Rhodan und Liam Barstow in ihrem zugewiesenen Quartier bleiben, erkunden Atlan, Zhobotter und Meg Ontares die Gegend. Diolgemin versucht die Wyconder gegen Atlan und seine Begleiter, die den Kontakt zur Bevölkerung suchen, aufzuwiegeln. Die Sicherheitskräfte sehen nur zu, als den Besuchern mit offener Aggression begegnet wird. Obwohl eine Schlichterin ihre Leute zu beruhigen versucht, sind Atlan, Zhobotter und Ontares gezwungen, in einer Art Spießrutenlauf wieder in ihr Quartier zurückzukehren. Auch dort sind sie nicht sicher und müssen in eine Notfallkammer flüchten. Dort materialisiert dann Terrybor, die sich von Perry Rhodan Vorwürfe anhören muss. Sie entschuldigt sich und erzählt ihre Geschichte weiter:
Nach dem Tod ihres Partners war sie bereit gewesen, die Nachfolge Gemmicons anzutreten. Diese hatte ihr aufgetragen, ein Projekt zu ersinnen, das so groß und gigantisch sein musste, dass sich alle Wyconder dahinter versammeln konnten. Jeder einzelne sollte sich einbringen können, um das Trauma zu überwinden. Sie bauten neue Habitate und rüsteten ihre Flotte auf. Terrybor wurde von Gemmicon zur obersten Architektin ernannt - einer neuen Art Anführerin, die es sich zur Aufgabe machte, ein zweites Wengir zu errichten.
Terrybor berichtet, Shrell habe damals eine Mannschaft aus spinnenbeinigen Reptiloiden dabei gehabt, die das Brennende Nichts gezündet hatten. Zu Shrell selbst bestand nur Funkkontakt. Deshalb ist sie nun zutiefst erschüttert, als Zhobotter ihr Beweise dafür liefert, dass Shrell wie eine Wyconderin aussieht. Terrybor war ein halbes Jahrhundert lang davon ausgegangen, dass die Mörderin ebenfalls wie ihre Besatzung eine spinnenbeinige Echse ist.
Perry und sein Team erhalten die SERUNS und den PHOENIX zurück. Aber zuvor bekommen sie das gigantische Bauprojekt zu sehen. Ein Unfall überschattet die Besichtigung. Atlan bietet sich an, eventuelle Saboteure ausfindig zu machen. Er gibt zu bedenken, dass es durchaus eine Geheimorganisation geben könnte, die seit Jahrzehnten äußerst raffinierte, von langer Hand geplante Anschläge verübt.
Terrybor schickt ihn zum Leiter des Sicherheitsdienstes, bei dem es sich um Diolgemin handelt. Der ist nicht gut auf Atlan zu sprechen, bis dieser ihn mit seiner Dagor-Kampfkunst beeindruckt. Der Arkonide kann drei erfahrene Soldatinnen - bei den Wycondern gelten die Frauen als das starke Geschlecht - innerhalb einer halben Minute ausschalten. Außerdem kann er sein fotografisches Gedächtnis demonstrieren. Diolgemin ist schließlich damit einverstanden, Atlan an verschiedene Brennpunkte des Bauprojekts zu bringen, um bislang ungeklärte Unglücksfälle zu begutachten, bei denen bedeutende Persönlichkeiten der wycondrischen Gesellschaft zu Schaden gekommen sind.
Um etwaige Attentäter aus der Reserve zu locken, ließ Atlan zuvor von den Medien verbreiten, dass er auf Wunsch der obersten Architektin bei der Entlarvung von Saboteuren mithelfen würde. Diolgemin gefällt sich in der Rolle des beinharten Inspektors, der Atlan wie einen untergebenen Handlanger behandelt.
Ein neuer Anschlag ereignet sich just in dem Moment, als Perry Rhodan Terrybor von seiner wahren Mission erzählen will - Shrells Erpressung, die ihn dazu zwingen soll, seinen ältesten Freund zu ermorden. Gleichzeitig taucht ein Schiff im System auf. Ein Schiff das der ELDA-RON ähnelt, im Gegensatz zu ihr allerdings nicht wie ein halbes Wrack aussieht. Terrybor ist völlig von Sinnen und glaubt, dass Shrell zurückgekehrt ist, diejenige, die ihr alles genommen hat - den Heimatplaneten und ihren Partner Bonnifer. Als Perry diesen Namen hört, ist er verblüfft. Er berichtet Terrybor, dass Bonnifer auf Terra Shrells Gefangener war. Diese Information setzt ihr noch mehr zu, hatte sie ihn doch für tot gehalten. Möglicherweise hätte sie ihn befreien können, wenn sie gewusst hätte, dass er noch lebt. Doch Perry Rhodan muss ihr auch die letzte Hoffnung nehmen, ihren Liebsten jemals wiederzusehen, denn Bonnifer hat sich auf Terra aus Angst, abermals in Shrells Gefangenschaft zu geraten, zusammen mit Cameron ins Brennende Nichts gestürzt.
Der Kommandant des eingetroffenen Schiffes ist ein spinnenbeiniger Reptiloide, der behauptet, im Auftrag Reginald Bulls zu kommen, um Perry Rhodan zu töten. Er kündigt die Ankunft vieler weiterer Schiffe der Leun an - mehr als genug, um einen Vernichtungsfeldzug gegen die Wyconder zu führen, falls sich Perry Rhodan nicht stellt oder ausgeliefert wird.
24. Januar 2025
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