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MODELL/009: Fiat will mit Lancia Thema als Flaggschiff ein neues Kapitel aufschlagen (Irene Feldbauer)


Fiat will mit Lancia Thema als Flaggschiff ein neues Kapitel aufschlagen

Die viertürige Mittelklasselimousine wird als das Beste aus zwei Markenwelten vorgestellt

von Irene Feldbauer, 15. November 2011


Lancia, die Edelmarke aus der FIAT-Group, präsentierte auf einer Pressevorstellung am 12. November ein Supermodell aus seiner neu aufgemachten Reihe: den Thema. Es war zugleich der Marktstart in Deutschland. Wie Experten meinen, soll er dem 5er BMW, Audi A6 und auch noch der Mercedes E-Klasse Paroli bieten. An Einsatz fehlte es jedenfalls nicht. FIAT hat in das neue Modell über eine Mrd. Dollar investiert. Mit dem neuen Thema will die FIAT-Tochter Lancia als Flaggschiff ein neues Kapitel der Marke beginnen. Er baut auf dem bisherigen Chrysler 300 auf und präsentiert sich als das Beste aus zwei Markenwelten.

Schauen wir uns zunächst die technischen Daten an. Die viertürige Stufenhecklimousine der oberen Mittelklasse wird in drei Antriebsversionen hergestellt: einem 210 kW (286 PS) starken 3.6 V6-Benziner mit Achtgang-Automatikgetriebe sowie zwei 3.0 V6-Dieselmotoren mit (nur) Fünfgang-Automatikgetriebe, die 140 kW (190 PS) und 176 kW (239 PS) leisten. Länge 5066, Breite 1902, Höhe 1488, Radabstand 3052 mm, Leergewicht 1876-2038 kg. Das Fahrwerk mit 20-Zoll-Reifen. Höchstgeschwindigkeit 230 km/h. Beschleunigung 0-100 km/h 7,80 Sekunden.


Feinschliff von Turiner Ingenieuren und Designern

Wie die "Autozeitung" betonte, bilde die technische Basis des neuen Lancia zwar der aktualisierte Chrysler 300C, seinen Feinschliff habe der Thema jedoch von Turiner Ingenieuren und Designern erhalten, wie schon die neu gestaltete Front mit großem Kühlergrill und die elegant wirkende Heckpartie ganz unverkennbar zeigten. Das Zusammenspiel von Qualität und Eleganz zog bereits auf der Automobilschau im September in Frankfurt/Main nicht endende Besucherscharen an. Man weiß eigentlich kaum, was man mehr hervorheben soll: den Kühlergrill mit dem schon immer faszinierenden Markenlogo von Lancia, die Scheinwerfer mit innovativer LED-Technologie und DRL-Funktion, die niedrige Dachlinie, die am Heck den Spoiler einschließt, auch hier nochmals das ins Auge fallende Lancia-Logo, nicht zu vergessen die verchromten Auspuff-Endrohre. Ein Bild von Fahrzeugharmonie, wie man es nicht alle Tage findet.

Ausgesprochen mediterranes Flair zeigt auch die geräumige Gestaltung des Innenraumes, zu der zum Beispiel Wurzelholz verwendet wurde. Wie der multifunktionale Volant und die Sitze ist auch die Instrumententafel mit Leder bezogen. Über dem großen Display fällt eine analoge Lancia-Uhr ins Auge. Über dem Ganzen ein großes Glasschiebedach. Testfahrer auf der IAA äußerten sich anerkennend über die hervorragende Geräuschdämmung. Insgesamt wird deutlich, der neue Lancia wendet sich gezielt an einen Kreis anspruchsvoller Kunden. Der Einstiegspreis beträgt 41.900 Euro.

Im neuen Thema bietet Lancia auch höchste Standards innovativer Ausrüstung und Sicherheit, bei denen man manchmal meint, sie seien einem James Bond-Film entnommen. Da eine Aufzählung Seiten beanspruchen würde, das Wichtigste in Kürze: Zur Serienausstattung gehört ein Touchscreen von 8,4 Zoll, in den zum Beispiel Mobiltelefone oder MP3-Player ins elektronische Bordnetz eingebunden und gesteuert werden können. In der Platinium-Ausführung können zusätzlich ein Garmin-Navigationssystem mit TMC-Premiumdiensten eingebaut werden; ein Premium-Audiosystem mit neun Lautsprechern, Subwoofer und 506-Watt-Verstärker. In die Schweiz wird das Extra als Serienstandard geliefert, in der Executive-Ausführung generell. Ferner das innovative Infotelematik-System "Uconnect" und neue Onboard-Funktionen für höchste Standards in Kommunikation, Sicherheit und Komfort. Das beginnt mit einem Satelliten-Navigationssystem mit Touchscreen-Bedienung, führt über eine Zweizonen-Klimaregelung bis hin zur Personalisierbarkeit verschiedener weiterer Funktionen.


70 fortgeschrittene Aktiv- und Passiv-Sicherheitskennzeichen

Der neue Thema bietet über 70 fortgeschrittene Aktiv- und Passiv-Sicherheitskennzeichen, darunter eine elektronische Stabilitätskontrolle ESP mit den Brems-Assistenzfunktionen "Ready Alert" und "Rain Brake Support". Die Erste schaltet das Bremssystem zur Verkürzung von Ansprechzeit und Anhalteweg vor, die Zweite entfernt bei aktivierten Scheibenwischern Nässe von den Bremsbelägen. Nachts und bei schlechter Witterung sorgt eine adaptive Xenon-Scheinwerferregelung Smartbeam™ für optimale Sicht. Eine personenbezogene Schlüssel-Fernbedienung "Keyless Enter-N-Go" erleichtert den Zugang zum Fahrzeug und ermöglicht das Anlassen des Motors per Knopfdruck auf dem Armaturenbrett. Die Sicherheitsausstattung wird ergänzt durch den aktiven Fußgängerschutz "Active Pedestrian Protection". Er hebt bei einem möglichen Aufprall das hintere Ende der Fronthaube an und schränkt so das Verletzungspotenzial von Fußgängern ein.

Mit einer Rückfahrkamera Parkview™ ist leichteres und sichereres Einparken möglich. Die Kamera wird automatisch aktiviert und zeigt auf dem Monitor im Armaturenbrett den Bereich unmittelbar hinter dem Fahrzeug an. Eine adaptive Geschwindigkeitsregelung ACC (Adaptive Speed Control) funktioniert wie folgt: Nähert sich das Auto zum Beispiel einem langsamer fahrenden Fahrzeug, verringert ACC automatisch die Geschwindigkeit und aktiviert wenn erforderlich auch die Bremsen. Eine HID-Xenon-Scheinwerferregelung Smartbeam™ variiert automatisch die Leuchtweite und -höhe in Abhängigkeit von den Verkehrs- und Lichtbedingungen.

Schließlich wird der bisher gefürchtete tote Winkel außer Gefecht gesetzt; und zwar durch ein "Blind Spot Detection"-System, das dem Fahrer im Außenspiegel Fahrzeuge in eben diesem toten Blickwinkel anzeigt und dadurch zur Vermeidung von Gefahrensituationen beiträgt. Obendrein wird der Fahrer, wenn er vor einem geplanten Spurwechsel den Blinker betätigt, durch optisches und akustisches Signal zusätzlich aufmerksam gemacht.


Es verschmelzen zwei Automobildynastien

Ein Wort zur Zusammenarbeit von FIAT mit Chrysler, zu deren Ergebnissen der Lancia Thema gehört. Noch vor ihm war erstes Produkt gemeinschaftlicher Herstellung bereits der FIAT-Freemont AWD. Aber besonders der Lancia Thema verbindet, wie es in der Fachwelt heißt, klassisch amerikanische Merkmale wie Größe, Komfort und starke Präsenz mit italienischer Machart und Stilsicherheit sowie der unvergleichlichen Atmosphäre großer Lancia-Limousinen mit hochwertigen Materialien und modernsten Sicherheits- und Komforttechnologien. Der Lancia Thema wird als ein Beispiel für das was Badge-Engineering bezeichnet: ein Marketingkonzept, nachdem ein in der Aufmachung verändertes Auto unter unterschiedlichen Markenbezeichnungen auf den Markt gebracht wird. Dieses Konzept der Vereinheitlichungen von Produktionslinien wurde geboren, nachdem FIAT im Juni 2009 30 Prozent der Anteile an Chrysler übernommen hatte.(1) Besonders am Lancia Thema zeigt sich, dass hier zwei Automobildynastien verschmelzen und ihre beiderseitige Erfahrungswelt in die Fahrzeuge, die sie jetzt gemeinsam produzieren, eingeht. Experten charakterisieren das als Zusammenfließen von Chrysler-typischer Funktionalität und Lancia-typischer Innovation und Detailliebe. Dass dieser neue Auto-Gigant gegen Konkurrenten wie VW, Toyota und General Motors zur weltweiten Beherrschung des Automarktes antritt, soll hier nur en passent erwähnt werden.(2)

Dass Fiat-Chrysler das gemeinsam entwickelte und produzierte Portfolio auch entsprechend absatzkräftig auf den Markt bringt, ist verständlich. So werden Kleinwagen und Mittelklassefahrzeuge künftig für alle Märkte einheitlich in Italien entwickelt und gebaut, während die obere Mittelklasse und die Vans Chrysler-Konstruktionen sind. Soweit ersichtlich wird der Verkauf der gemeinsamen Fahrzeuge geografisch aufgeteilt: Chrysler übernimmt die Märkte in den englischsprachigen Ländern einschließlich Großbritanniens und Irlands; Fiat geht unter der Marke Lancia in die anderen Länder, vor allem in Europa. Zur Modellpalette Lancias gehören dabei nicht nur die in Italien entwickelten und gebauten Kleinwagen wie Ypsilon, Musa und Delta, sondern auch große Limousinen und Vans, die Chrysler produziert.


Ein Wiedersehen mit Lancia

Diesen Beitrag für die Leser des "Schattenblick" zu schreiben, war für mich auch ein persönliches Wiedersehen mit Lancia. Es liegt schon ziemlich lange zurück, dass ich zusammen mit meinem Mann einen Lancia getestet habe. Es war ein Dela HF Integrale, der damals gerade in die zweite Generation ging (nun seit 2008 als Kompaktklasse-Pkw schon in der dritten angekommen ist) und er war seit Ende der 1980er Jahre auch international durch seine beispiellosen Erfolge im Ralleysport und seine Dominanz der Rallye-Weltmeisterschaft bekannt geworden. Mit dem Delta hatten wir damals ein wirklich tolles Fahrerlebnis, mit dem leider auch unsere Journalistenlaufbahn in der Automobilbranche mangels Absatz in den einschlägigen Zeitungen zu Ende ging.(3) Nach einem Wiedereinstieg bei der großen deutschen Online-Zeitung "Schattenblick" waren wir deshalb auf die Pressevorstellung des Thema gespannt. Aber wegen der "begrenzten Kapazitäten" erhielten wir von der Presseabteilung der Deutschlandzentrale von Fiat in Frankfurt/Main eine Absage. Zum Glück hatten wir uns den Thema auf der 64. IAA ausführlicher angesehen, sodass ich davon in diesem Beitrag profitieren konnte.


Anmerkungen:

(1) Inzwischen sind die Anteile von FIAT auf 46 angewachsen und sollen noch 2011 51 Prozent erreichen. Siehe FIAT-Fahrzeuge mit italienischem Flair. In Schattenblick 3. November 2011.

(2) Siehe VW auf der Überholspur. In Schattenblick, 29. Oktober 2011.

(3) Irene Feldbauer: Extremsportler für gehobene Ansprüche. Lancia Delta HF Integrale - der teure Spaß. In: Berliner Zeitung, 1./2. Februar 1992.


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Quelle:
© 2011 by Irene Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin


veröffentlicht im Schattenblick zum 16. November 2011